Berufsrecht

Regierung knackt Fremdbesitzverbot – bei Anwälten Lothar Klein, 03.09.2019 14:55 Uhr

Berufsrecht: Das Justizministerium will zur Digitalisierung Risikokapital in Anwaltskanzleien schleusen. Foto: Pixabay
Berlin - 

Rechtsanwälte unterliegen ähnlich wie Apotheker und Ärzte einer regulierten Berufsordnung. Danach dürfen Rechtsanwaltskanzleien nur inhabergeführt sein. Jetzt macht sich die Bundesregierung auf den Weg, externen Investoren die Tür zu öffnen. Im Eckpunktepapier des Bundesjustizministeriums zur Reform der Berufsordnung (BRAO) ist vorgesehen, dass sich Risikokapital zur Entwicklung von „Legal Tech“ an Anwaltskanzleien beteiligen können soll. Der Deutsche Anwaltsverein (DAV) lehnt das Vorhaben ab und fürchtet Fremdbestimmung.

„Es wird auch geprüft, ob reine Kapitalbeteiligungen mit dem Ziel erlaubt werden können, alternative Finanzierungswege durch Wagniskapital für solche Rechtsanwältinnen und -anwälte zu eröffnen, die zum Beispiel im Bereich von Legal Tech hohe Anfangsinvestitionen erbringen müssen, um neue Rechtsdienstleistungsangebote erbringen zu können“ heißt es unter Punkt sieben des Eckpunktepapiers. Nicht nur die Rechtsanwälte sind alarmiert. Auf seiner nächsten Sitzung will der Bundesverband der Freien Berufe (BFB), deren Vizepräsident ABDA-Präsident Friedemann Schmidt ist, über diesen geplanten Eingriff ins Berufsrecht diskutieren. Die Änderung könnte später als Blaupause für andere Freie Berufe wie die Apotheker interpretiert werden.

„Das Bundesjustizministerium hat Eckpunkte für eine große BRAO-Reform vorgelegt und folgt dem DAV-Vorschlag. Neu ist: Das Fremdbesitzverbot für Legal Tech in der Anwaltschaft wird geprüft“, informiert der DAV seine Mitglieder. Das Minis­terium habe Ende August 2019 die lange angekündigten Eckpunkte für die große BRAO-Reform an die Verbände versandt. Das Papier liege auf der Linie des DAV-Vorschlags zur großen BRAO-Reform. „Überra­schend ist allein ein Prüfauftrag, um das Fremd­be­sitz­verbot in der BRAO bei Legal Tech zu kippen. Inves­ti­tionen in Anwalts­kanz­leien durch Eigen­ka­pital von Berufs­fremden könnte ermöglicht werden, damit Kanzleien bei Legal Tech mithalten“, kritisiert der DAV.

Mit der Reform will das Bundesjustizministerium die inter­pro­fes­sio­nelle Sozietät, also die Zusam­men­arbeit von Anwältinnen und Anwälten mit anderen Berufen erleichtern. Alle „verein­baren“ Berufe werden erlaubt, also Berufe, die Anwältinnen und Anwälte auch im Zweit­beruf ausüben dürfen. Damit blieben nur Immobi­li­en­makler und Versicherungsmakler außen vor, nicht aber Unter­neh­mens­be­rater. Die Verschwie­genheit wird in § 203 StGB abgesi­chert. Auch mit Apothekern und Ärzten können Anwälte seit einem Verfassungsgerichtsurteil von Januar 2016 gemeinsame Gesellschaften gründen. Allerdings dürfen darin nur beratend tätig sein und keinen Heilberuf ausüben.

Das Gebot der aktiven Mitarbeit aller Beteiligten in der Gesell­schaft soll aufrecht­er­halten werden. Reine Kapital­be­tei­li­gungen soll es nicht geben. „Neu ist, dass für den Bereich Legal Tech eine Freigabe des Fremd­be­sitz­verbots in der BRAO geprüft werden soll. Anwalts­kanz­leien könnten so in die Lage versetzt werden, mit Legal-Tech-Anbietern außerhalb der Anwalt­schaft zu konkur­rieren. Der DAV sieht die Öffnung für Eigen­ka­pital von Dritten kritisch. Ein Bedarf für Risiko­ka­pital in Anwalts­kanz­leien sieht der DAV nicht“, heißt es in der Mitteilung. Anwälte könnten bereits heute mit Dritten Gesellschaften zur Entwicklung von Legal Tech gründen, argumentiert der Berufsverband. Kanzleien könnte dann die Lizenzen an der Software erwerben. Es bestehe daher keine Notwendigkeit, Fremdkapital in die Kanzleien zu holen.

Die Eckpunkte sehen darüber hinaus ein rechts­for­m­neu­trales Berufs­recht vor. Die Anwalt­schaft soll grundsätzlich für alle Rechts­formen in Deutschland und der EU offen sein. Ob die GmbH & Co. KG für Anwälte komme, ist aber laut DAV offen. Das Minis­terium will hier der Exper­ten­kom­mission zur Reform des Perso­nen­ge­sell­schafts­rechts nicht vorgreifen. Für die Regulierung gilt: Es soll ein elektro­ni­sches Verzeichnis geben und eine Zulassung für Berufsausübungs­ge­sell­schaften (mit einem Anzei­ge­ver­fahren für unpro­ble­ma­tische Fälle). Alle Berufsausübungs­ge­sell­schaften sollen postu­la­tionsfähig werden, das heißt Rechtsstreitigkeiten führen können. Das gilt bisher nur für die Anwalts-GmbH und die Partner­schafts­ge­sell­schaft von Anwälten im PartGG.