Weil Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) im Urlaub ist, konnte die Apothekenreform gestern nicht im Kabinett beschlossen werden. Das jedenfalls ist der Grund, den Minister Lauterbach angibt – eine bessere Ausrede gab es wohl nicht. Tatsächlich ist es die immer lauter werdende Auflehnung, die das vermeintliche Durchwinkgesetz zur heißen Kartoffel gemacht hat. Jetzt dürfen die Proteste nicht nachlassen, kommentiert Lilith Teusch.
Dass die Apothekenreform nicht ins Kabinett konnte, weil sein Ressortkollege in Urlaub ist, ist die vermutlich schlechteste Ausrede des Jahres. Erstens hat Lauterbach selbst immer wieder behauptet, dass alle formalen Abstimmungen längst abgeschlossen wären. Zweitens wird es wohl kaum an Buschmanns Unterschrift hängen, zumal vier andere Gesetze durchgewunken werden konnten.
Vielmehr dürften es die nicht zu überhörenden Proteste der Apothekerschaft sein, die ein Geklüngel zum umstrittenen Reformvorhaben verhindert haben. Lauterbach hatte gehofft, dass seine Ressortkollegen das Thema abnicken würden. Und aus irgendeinem Grund war auch die Abda zu der Meinung gekommen, dass ein Kabinettsbeschluss vor der Sommerpause nicht zu verhindern sei.
Vor allem die Aktionen und Gespräche in Hessen haben Wellen geschlagen. Nicht nur medial ist dem Anliegen der Apotheken dadurch viel Raum gegeben worden, auch viele Politiker wurden plötzlich laut. Ines Claus, die Vorsitzende der CDU-Fraktion, hat sogar die Frage aufgeworfen, ob die Pläne von Lauterbach bezüglich Apotheken ohne Präsenzapotheker verfassungswidrig sein könnten. Auch die Gesundheitsminister aus Hessen, Nordrhein-Westfalen und sogar Niedersachsen haben sich klar gegen das Konzept ausgesprochen. Hier stellen sich führende SPD-Politiker gegen das Vorhaben, aus Hessen kommen sogar zwei Kabinettsmitglieder. Und auch in der FDP stellt man sich offen gegen Lauterbachs Telepharmaziepläne.
Die Petition des Hessischen Apothekerverbandes (HAV) ist mittlerweile rund 70.000 Mal unterzeichnet worden – es könnte längst Hundertausende Unterstützer geben, wenn die Abda mitgezogen hätten. Doch auch ohne bundesweiten Aufruf: Es werden immer mehr. Auch die Apothekerkammer in Brandenburg hat jetzt mit einer neuen Kampagne und provokanten Postern nachgezogen.
So viel laute Kritik kann wohl auch der Gesundheitsminister nicht dauerhaft ignorieren. Umso wichtiger ist es, dass die Aktionen nicht während der Sommerpause abreißen und der Minister seine Reform dann am 21. August doch im Stillen durchs Kabinett winken kann. Hier wäre auch klar die Abda gefragt, endlich nachzuziehen und das Thema laut und klar in die Öffentlichkeit zu tragen – auch mit Streiks. Nur dann kann das Reformvorhaben vielleicht noch abgewendet werden.
Vielleicht hat Lauterbach ja sogar selbst noch ein paar Urlaubstage über, in denen er über sein ApoRG noch einmal nachdenken kann. In denen er überlegen kann, ob er die Sache wirklich aus Eitelkeit durchzieht oder ob er doch auf die vielen guten Argumente hört. Und wer weiß: Vielleicht kommt die angeblich rein formale Rechtsförmlichkeitsprüfung im Justizministerium ja doch noch zu dem Ergebnis, dass Apotheken ohne Apotheker nicht verfassungskonform sein könnten.
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