Die Reformpläne aus dem Bundesgesundheitsministerium (BMG) gefährden die Versorgung schwerkranker Patienten, warnt Dr. Christian Wegner, Geschäftsleiter der Medipolis-Apotheken in Jena. Passend zu den Protesten in Erfurt und Dresden äußert sich der Apotheker in einem Standpunkt im „Tagesspiegel“ zu den Auswirkungen des geplanten Apotheken-Reformgesetzes (ApoRG).
In seinem Gastbeitrag stellt Wegner noch einmal die beiden großen Punkte heraus, warum die Apothekerschaft das ApoRG ablehnt: Apotheken ohne Approbierte, nach dem Motto: lieber eine kleine als gar keine Apotheke. „In jedem Fall widerspricht dieses Vorhaben den Aussagen des Ministers und auch des Kanzlers, dass es in Zukunft keine Leistungseinschränkungen für Patienten geben werde“, meint Wegner hierzu.
Ebenfalls ablehnen würden die Apotheker:innen, dass nun eine „packungsbezogene Kürzung des Apothekenhonorars für alle Medikamente über einem Apothekeneinkaufspreis von zirka 81 Euro netto durch ein Abschmelzen des prozentualen Anteils der Vergütung von derzeit drei auf zwei Prozent über zwei Jahre“ vorgesehen sei.
„Dieser prozentuale Aufschlag ist im Kern dazu vorgesehen, den Apotheken die Vorfinanzierung des gesamten Umsatzes und des Warenlagers zu ermöglichen“, so Wegner. Die freigesetzten Mittel sollen dem Fixum zugeschlagen werden. Verhandelt werde das Honorar künftig mit den Krankenkassen. „Es wird vom BMG behauptet, dass das gesamte Apothekenhonorar nicht gesenkt werde. Das BMG hat jedoch bis heute keine Berechnungen dazu vorgelegt“, moniert Wegner.
Durch die Erfahrungen in seiner spezialversorgenden Apotheke, die unter anderem Verblisterung und Versand betreibt, sieht er vor allem auf schwerkranke Patient:innen Einbußen in der Gesundheitsversorgung zukommen. „Oft ist der Einsatz auch sehr teurer Präparateunabdingbar. Daher werden Apotheken, die solche Patienten versorgen, durch die Honorarreform in Zukunft extrem belastet.“
Neben dem erschwerten Einkauf und der Herstellung der Präparate geht es Wegner auch um die Dienstleistungen rundherum, die hier dazugehören, wie beispielsweise die Schulung von Patienten, pflegenden Angehörigen und Pflegediensten, das Management von Lieferengpässen und die Bereitstellung einer Spezialrufbereitschaft rund um die Uhr.
„Dieses gesamte Spektrum an Dienstleistungen muss aus dem Apothekenhonorar finanziert werden. Es gibt an keiner Stelle im GKV-System eine adäquate Gegenfinanzierung“, konstatiert Wegner. „Es liegt auf der Hand, dass eine Kürzung des Packungshonorars um bis zu 30 Prozent bei hochpreisigen Präparaten extreme Auswirkungen auf das Leistungsangebot spezialisierter Apotheken haben muss, bis hin zur Einstellung der Versorgung für bestimmte Patientengruppen.“
Schon heute würden Apotheken Rezepte für Hochpreiser ablehnen, da sie diese nicht finanzieren können. Stattdessen landeten solche Patient:innen dann vermehrt bei Spezialversorgern wie Medipolis, vor allem, wenn die heute noch leistungsfähigen Apotheken weiter geschwächt würden. „Somit bleibt als Versorgungsalternative für viele dieser Patienten nur die stationäre Versorgung – oder sie bleiben unversorgt. Auch diese Option muss ausgesprochen werden.“
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