Apotheker Christian Redmann will Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) persönlich mit seiner Petition für ein Rx-Versandverbot konfrontieren. Für den Deutschen Apothekertag (DAT), der morgen in München beginnt, hat er eine Protestaktion geplant und schart gerade Unterstützer um sich.
Es ist momentan die Gretchenfrage der Apothekenpolitik: Für oder gegen das Rx-Versandverbot? Bei Redmann ist die Antwort denkbar leicht, seine Petition für ein Rx-Versandverbot hat er schließlich nicht aus Langeweile gestartet. Schwieriger zu beantworten ist sie bei Spahn. Deshalb will Redmann nun eine Antwort forcieren.
„56.654 sind für das Verbot. Und Sie, Herr Spahn?“, steht auf den Plakaten, die Redmann und möglichst viele Unterstützer beim DAT in die Höhe halten sollen. Auf Facebook versucht der bayerische Pharmazeut gerade, Mitstreiter zu mobilisieren. Den Ausdruck hat er bereits verschickt. Seine Aufforderung: Plakat drucken, ein Selfie machen und auf der eigenen Seite posten – natürlich nicht, ohne den Social-Media-affinen Minister via Hashtag oder anderweitig zu verlinken. Gruppenbilder von Delegiertenfraktionen seien auch erlaubt: „Wer will, der soll... je mehr desto wirkungsvoller“, so Redmann.
Warum dann keine Plakate während oder nach Spahns Rede? Die würden sicherlich mehr Eindruck auf den Minister machen. „Das halte ich nicht für den richtigen Weg. Ich möchte, dass der DAT ordnungsgemäß und ohne Störaktionen von der Bühne geht“, erklärt Redmann. „Ziel soll es nicht sein, zu provozieren, sondern ihn aufmerksam darauf zumachen, wie viele hinter einem Rx-VV stehen“, betonte er bereits in seinem Aufruf für die Aktion. Eine Chance, das Ruder rumzureißen, lässt er Spahn aber: „Ganz wichtig“ sei es, erst nach der politischen Eröffnung mit der Aktion zu beginnen, „da es auch etwas abhängig davon ist, was auf der Bühne vor sich geht“, so Redmann.
Und das könnte durchaus weitsichtig sein. Nach Informationen von APOTHEKE ADHOC kommt Spahn morgen mit zwei Angeboten zum DAT nach München. Dem Rx-Versandverbot stellt Spahn eine Alternative an die Seite. Dem Vernehmen nach enthält der Vorschlag das Angebot, dass die Apotheker Versorgungsverträge mit den Krankenkassen schließen dürfen. Erwartet wird, dass die Apotheker zusätzliche Leistungen anbieten können und dafür extra honoriert werden. Im Gespräch war auf Fraktionsebene die Möglichkeit, Impfungen in der Apotheke zu verabreichen sowie Folgerezepte für Chroniker auszustellen.
Redmann würdigt den Ansatz des Ministers, allzu überzeugt wirkt er aber nicht. „Die Möglichkeit, uns Apothekern zusätzliche Felder zu eröffnen, in denen wir unsere fachliche Kompetenz einbringen können und die auch auskömmlich entlohnt werden, finde ich per se gut“, erklärt er. „Es steht aber prinzipiell auch im Raum: Wenn keine Leute zu uns kommen, wer soll diese Leistungen dann in Anspruch nehmen? Wenn 90 Prozent der Chroniker bei DocMorris bestellen, dann bringen mir diese neuen Angebote nicht viel“, sagt er. Sein Fazit: „Prinzipiell ein guter Ansatz, aber er reicht nicht aus, das Rx-Versandverbot zu ersetzen.“
Das Rx-Versandverbot muss also her, ist Redmann überzeugt. Falls Kollegen das anders sehen, hat er aber auch Verständnis: „Wenn Spahn vernünftige Alternativen aufzeigt, würde ich es allen Beteiligten freistellen, ob sie teilnehmen. Wir haben ja Meinungsfreiheit und die Aktion ist quasi eine Hilfestellung zur freien Meinungsäußerung.“
Im Mai hatte er die Petition mit den Unterschriften von 200 Kollegen gestartet. Nachdem das Thema Rx-Versandverbot es zwar in den Koalitionsvertrag schaffte, dann jedoch schnell von einem Mantel des Schweigens umhüllt wurde, wollte Redmann etwas unternehmen. Insbesondere erboste ihn, dass Spahn und die ABDA Stillschweigen über den politischen Fortgang des Projekts vereinbart hatten. Öffentlichkeit musste also her. Auf openpetition.org startete der Apotheker aus Oberfranken seine Petititon.
Bereits wenige Tage nach dem Start hatten prominente Branchenvertreter unterzeichnet, darunter der Präsident der Bundesapothekerkammer (BAK), Dr. Andreas Kiefer, der Präsident der Apothekerkammer Bayern, Thomas Benkert, die Präsidentin der Apothekerkammer Westfalen-Lippe, Gabriele Overwiening, und Rainer Bienfait, Vorsitzender des Berliner Apothekervereins. Doch schon kam die erste Kontroverse, als sich ABDA-Präsident Friedemann Schmidt weigerte, zu unterschreiben – mit der Begründung, dass das Unterzeichnen von Petitionen nicht zur politischen Verbandsarbeit gehört.
In der vergangenen Woche war es dann nach vier Monaten so weit: Redmann konnte seine Petition mit 56.654 Unterschriften freischalten und damit beim Bundestag einreichen.
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