ReD-Award für Erik Tenberken Nadine Tröbitscher, 10.10.2017 10:19 Uhr
Nelson Mandela, Dirk Bach, Wolfgang Joop und Georg Uecker zählen zu den Trägern des Reminders Day Award (ReD-Award). Am Samstag hat der Kölner Apotheker Erik Tenberken den Preis für sein außerordentliches Engagement im Kampf gegen HIV und Aids erhalten.
Der ReD-Award ist der Höhepunkt des zweitägigen Kongresses „HIV im Dialog“, der am 6. und 7. Oktober im Berliner Rathaus stattfand. Die Auszeichnung wird seit 2001 vergeben. Tenberken war überrascht und geehrt, die Auszeichnung erhalten zu haben. Der Inhaber der Birken-Apotheke habe es geschafft, die Kosten für die Prä-Expositions-Prophylaxe (PrEP) auf ein bezahlbares Maß zu bringen, hieß es in der Laudatio.
Tenberken ist Gründer der Deutschen Arbeitsgemeinschaft HIV-kompetenter Apotheken (DAHKA) und Ehrenmitglied der Aidshilfe Köln. Mutig, kämpferisch und streitbar habe Tenberken sich für die Belange seiner Mitgliedsapotheken eingesetzt – mal mit und mal ohne Erfolg. Der Apotheker sei unermüdlich im Einsatz und führe die 1993 übernommene Birken-Apotheke mit Erfolg. Beratungskompetenz stehe an erster Stelle. Mit gutem Service und Vertrauen seien Tenberken und sein Team für ihre Kunden da. Vor allem aber für seine „clevere Idee“ und der maßgeblichen Beteiligung an der bezahlbaren HIV-Prophylaxe erhielt der Kölner Apotheker den ReD-Award.
Tenberken kam auf Umwegen zur Pharmazie. Eigentlich wollte er Biologie in Köln studieren. Nach dem Studium begann er bereits Anfang der 90er-Jahre aufgrund zahlreicher Aids-Fälle in seinem Freundeskreis, sich in der Aufklärung über die Krankheit einzusetzen. Mit der Einführung der hochwirksamen Medikamente im Jahr 1996 standen Apotheker vor einer neuen Herausforderung – der Behandlung von Nebenwirkungen. Tenberkens Birken-Apotheke in Köln ist darauf spezialisiert, HIV-Patienten und deren Angehörige zu beraten.
Tenberkens Pilotprojekt, bei dem die Tabletten für etwa 50 Euro abgegeben werden, kann nicht nur den Schwarzmarkt und die illegale Einfuhr eindämmen, sondern auch ein Projekt in Berlin nach vorne bringen. „HIV verhindern, Aids beenden, Stigma entsorgen“, sind die Schlagworte von „Fast-Track City“. Ziel des internationalen Projekts ist es, mit Hilfe intensiver Maßnahmen bis 2030 die Aids-Epidemie zu beenden. Der amtierende Berliner Bürgermeister Michael Müller (SPD) hatte im vergangenen Jahr den Beitritt zum Projekt erklärt. Berlin ist die Stadt in Deutschland mit den meisten Neuinfektionen. Pro Tag erhält mehr als ein Patient die Diagnose.
90-90-90: Bis 2020 soll das erste Etappenziel erreicht sein. 90 Prozent der Menschen mit HIV sollen von ihrer Infektion wissen, 90 Prozent sollen unter Therapie sein und bei 90 Prozent der ersten beiden Gruppen soll das Virus unter der Nachweisgrenze liegen.
Tenberken will dazu beitragen, dieses Ziel in greifbare Nähe zu bekommen, denn die bezahlbare PrEP ist ein wichtiger Baustein auf dem Weg. Beim Kongress stellte man sich unter anderem die Fragen: Wie kann die PrEP verfügbar gemacht werden? Welche Versorgungsmodelle können für Menschen ohne Versicherungsschutz geschaffen werden? Dazu waren auch Vertreter aus Senat und Politik eingeladen. Ziel war es, die Politik hinter das Projekt zu bekommen. Denn ungeklärt ist bislang noch, wer die Kosten für die notwendige Untersuchung übernimmt. Ansichten gibt es verschiedene.
Die PrEP kann nur verordnet werden, wenn vorab eine bestehende HIV-Infektion ausgeschlossen werden kann. Alle drei Monate muss die Diagnostik erfolgen. Tenberken hofft das sich die Ansicht die Kostenübernahme liege bei den Kassen durchsetzen wird. So wie die Untersuchung zur Verordnung der Pille auch Teil der Kassenleistung ist. Verordnet wird auch auf Privatrezept.
Berlin plant für 2018 die Umsetzung einer HIV-Clearingstelle, die für Nichtversicherte den Weg in die Behandlung ebnen soll. Die Stelle soll in Konfliktfällen vermitteln. Gesundheitssenatorin Dilek Kolat (SPD) teilte auf dem Kongress mit, es gebe eine hohe Quote an Menschen, die zwar ihren Status kennen, aber dennoch nicht in Therapie seien. „Wir müssen bei der Prävention ansetzen.“
Die Fixkombination Emtricitabin/Tenofovirdisoproxil (TDF) in der Dosierung 200/245 mg kann als PrEP eingesetzt werden. Anwender nehmen täglich eine Tablette ein, für die Anwendung zur anlassbezogenen PrEP gibt es keine Zulassung. Tenberken kann die Tabletten für ein Zehntel des üblichen Preises anbieten. Das Arzneimittel kann so günstig abgegeben werden, weil der Rabatt direkt an den Kunden weitergegeben wird. Im Blisterzentrum werden die Herstellungskosten berechnet und die abgebenden Apotheken schlagen dann die vorgeschriebene Arzneimittelpreisspannverordnung auf. Möglich gemacht wurde das Projekt durch ein Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH). Die Karlsruher Richter hatten verblisterte Medikamente von der Preisbindung freigestellt.