Kommentar

Rechtsbruch im Repertoire

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Berlin -

Sechseinhalb Jahre dauerte der Rechtsstreit, die fünf obersten Richter des Landes sind erstmals seit 26 Jahren wieder zusammengekommen – und die Versandapotheken in Heerlen und Venlo zucken mit den Schultern. Sie machen das, was sie immer machen, wenn ihnen nichts mehr einfällt: Sie gehen nach Brüssel und klingeln bei der EU-Kommission.

 

Die deutschen Unternehmer hinter der holländischen Grenze fühlen sich offenbar nur als Europäer, mit europäischen Rechten und ohne lästige nationale Pflichten. Die Versender sehen „keinen rationalen Grund“, warum sie ihren Kunden keine Rabatte gewähren sollen. Es gäbe da schon einen: Es ist verboten. Die Vorsitzenden aller obersten Gerichte haben sogar unmissverständlich klar gemacht, dass es bei der Frage der Preisbindung nicht um Europarecht geht.

Trotzdem wollen die Versender jetzt zunächst die „endgültige Rechtsprechung vor dem Europäischen Gerichtshof“ abwarten. Solche Äußerungen können nur als eine grobe Missachtung des Rechtsstaats gewertet werden – zumal der EuGH in dieser Frage überhaupt nichts zu entscheiden hat.

Selbst wenn die EU-Kommission Deutschland wegen der geplanten Klarstellung zur Preisbindung im Arzneimittelgesetz verklagen sollte, dürften die Aussichten in Luxemburg minimal sein. Der EuGH hat beim Verfahren zum Fremdbesitzverbot keinen Zweifel daran gelassen, dass die Arzneimittelversorgung Sache der Mitgliedstaaten ist.

 

 

Die Europakarte der Versand-Lobby sticht nicht so gut, wie sie draußen herum erzählt. Die Gegenseite spottet auch schon, das EuGH-Geschwätz sei nur Pfeifen im Walde, um die gierigen Aktionäre der Mutterkonzerne ruhig zu halten.

Einen Verbündeten haben sie: Die Krankenkassen. Der GKV-Spitzenverband kritisiert den Gemeinsamen Senat, der gestern „zum Nachteil der Patienten“ entschieden habe. Dann folgt das ewig unappetitliche Gepöbel gegen „verkrustete Strukturen“ und „Schutzzäune“, die die Apothekerlobby flicke.

Der GKV-Spitzenverband fragt sich, warum Patienten nicht von günstigeren Arzneiimitteln bei bestimmten Apotheken profitieren sollen. Ganz einfach: Weil es im Gesetz steht und übrigens auch im Rahmenvertrag. Dass der Gesetzgeber und die Justiz einen Sinn in der Arzneimittelpreisverordnung sehen, können oder wollen die Kassen einfach nicht begreifen.

 

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