Der Bundesrechnungshof hat die Maskenbeschaffung des Bundesgesundheitsministeriums (BMG) im Frühjahr 2020 unter die Lupe genommen – und übt scharfe Kritik.
Der Bundesrechnungshof hat die zentrale Beschaffung von Corona-Schutzmasken durch das BMG im Frühjahr 2020 scharf kritisiert. Anzuerkennen sei, unter welch hohem Einsatz es half, eine Notlage im Gesundheitswesen abzuwenden, heißt es in einem Bericht an den Bundestag. Die Prüfer rügen jedoch das „Fehlen einer systematischen Mengensteuerung“. Die aus „massiver Überbeschaffung resultierenden Lagerbestände“ und die aufgewendeten Haushaltsmittel in Milliardenhöhe seien „nicht wirtschaftlich für eine wirksame Pandemiebekämpfung eingesetzt“ worden. Ressortchef Spahn rechtfertigte das Vorgehen in der Krise, aus dem aber Lehren zu ziehen seien. Die Opposition forderte rasche Aufklärung.
Die kontrahierte Gesamtmenge aus allen Beschaffungswegen übersteige mit 5,8 Milliarden Schutzmasken selbst einen vom Ministerium „auf der Grundlage sachfremder Annahmen“ berechneten Jahresbedarf von 4,7 Milliarden Masken noch um 23 Prozent, heißt es in dem Bericht. Zu den Beschaffungsausgaben von 6,3 Milliarden Euro kämen Kosten von bislang 320 Millionen Euro etwa für Transport, Lagerung, Qualitätsprüfungen und externe Beratung hinzu – diese könnten durch Rechtsstreitigkeiten und Entsorgungskosten aber weiter steigen.
Der Lagerbestand habe am 1. April 2021 insgesamt 2,4 Milliarden Masken betragen, heißt es im Bericht. „Davon gelten weite Teile als streitbefangen, weil sie Qualitätsprüfungen nicht bestanden haben.“ Der Bundesrechnungshof forderte das Ministerium auf, eine „zeitnahe Verteilung qualitätsgeprüfter und einsetzbarer Lagerbestände zur Pandemiebekämpfung zu prüfen“ – besonders deshalb, weil nach Ablauf des Verfallsdatums weitere Ausgaben für die Entsorgung anfielen. Es sei auch kritisch zu prüfen, ob für die künftige Pandemievorsorge auf Bundesebene eine physische Bevorratung von Schutzmasken für das Gesundheitswesen überhaupt zielführend und wirtschaftlich sei.
Spahn sagte zu den Beanstandungen des Rechnungshofs am Donnerstag in Berlin: „Ja, es stimmt: In dieser Notlage haben wir tatsächlich unkonventionell handeln müssen.“ Er könne sich erinnern, wie Universitätskliniken wegen fehlender Masken fürchteten, den Betrieb einstellen zu müssen. Dann könne man sagen, man habe gerade keine Struktur für eine Lösung – stattdessen habe das Ministerium aber auf verschiedenen Wegen alles versucht „und auch viel bezahlt, das ist wahr.“ Als Lehre daraus gelte es jetzt zu schauen, dass es nicht noch einmal so komme.
So werde auch mit dem Bundesinnenministerium beraten, mehr operative Einheiten für solche Fragen zu bekommen. Das Gesundheitsministerium sei eigentlich ein Gesetzgebungsministerium. Ein weiterer Punkt sei die geplante nationale Reserve, auch mit „rollierenden“ Konzepten, die das Haltbarkeitsdatum von Schutzgütern berücksichtigen. Zudem solle nun eine Impfstoff-Produktionskapazität von 500 Millionen bis 700 Millionen Dosen pro Jahr ausgeschrieben werden, auf die gegen eine Vorhaltegebühr im Fall der Fälle rasch ein Zugriff möglich sei.
Der FDP-Haushaltsexperte Otto Fricke forderte schnelle Aufklärung der deutlich gewordenen neuen offenen Fragen noch vor der Bundestagswahl. „Das wird nur noch eine von allen Fraktionen anerkannte Sonderermittlerin leisten können.“ Union und SPD müssen endlich ihre Blockade aufgeben. „Nur wenn wir jetzt aufklären, werden wir einen langwierigen Untersuchungsausschuss nach der Wahl vermeiden können.“ Der Präsident des Bundes der Steuerzahler, Reiner Holznagel, sagte der „Neuen Osnabrücker Zeitung“, künftig müsse ein abgestimmtes Beschaffungsmanagement für Krisensituationen gelten. „Weitere unkoordinierte Aktionen können wir uns nicht leisten.“ Der Bundesrechnungshof hatte dem Gesundheitsministerium kürzlich bereits vorgehalten, für die Verteilung von Schutzmasken Apotheken zeitweise deutlich mehr gezahlt zu haben als nötig. Eine „massive Überkompensation aus Steuermitteln“ habe es demnach auch bei Ausgleichszahlungen für Krankenhäuser gegeben.
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