Ratgeber vom Rechenzentrum APOTHEKE ADHOC, 15.09.2015 14:16 Uhr
Die Versorgung von Flüchtlingen ist eigentlich klar geregelt. Allerdings gibt es in vielen Bundesländern eigene Regeln. Um die Apotheker zu unterstützen, haben die Rechenzentren AvP und NARZ/AVN Informationen zur medizinischen und pharmazeutischen Versorgung von Flüchtlingen zusammengestellt.
Das Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) gilt für alle Flüchtlinge, die noch nicht als Asylberechtigte anerkannt sind. Danach – oder wenn nach 15 Monaten noch keine Entscheidung getroffen wurde – greift das Sozialgesetzbuch (SGB XII). Dann werden die Leistungen im Regelfall auf das Niveau der Sozialhilfe angehoben.
Während die Leistungen nach dem AsylbLG die zuständigen Länder und Kommunen übernehmen, erfolgt die Abrechnung später über die Krankenkassen. Generell gilt laut AvP und NARZ/AVN, dass Asylbewerber keine Kosten übernehmen müssen. Sie seien von Zuzahlungen und anfallenden Mehrkosten bei Festbetragsarzneimitteln freigestellt.
Das AsylbLG ist Bundesrecht, dessen Ausübung allerdings den Leistungsbehörden der Länder obliegt. Da die Umsetzung durch das jeweilige Länderrecht geregelt werde, gestalte sich die Ausführung in jedem Bundesland unterschiedlich, so die Rechenzentren. Daher sei es ratsam, sich über die Vereinbarungen in der jeweiligen Region zu informieren.
In den meisten Bundesländern benötigen Asylbewerber zunächst einen Behandlungsschein der zuständigen Sozialbehörde oder Einrichtung. Das gilt nicht für Bremen und Hamburg. Dort erhalten Flüchtlinge bereits eine eigene Gesundheitskarte. Die eGK wird innerhalb von zwei Wochen ausgestellt, für dringende Fälle gibt es vorläufige Bescheinigungen oder Notfall-Formulare.
Die Flüchtlinge werden von der Zentralen Erstaufnahmestelle bei der AOK Bremen/Bremerhaven angemeldet. Die Abrechnung erfolgt über die Kasse, die die Kosten wiederum mit der zuständigen Sozialbehörde verrechnet. Auch in Nordrhein und Berlin sollen Flüchtlinge künftig eine Gesundheitskarte erhalten.
Die Behandlungsscheine, die die Flüchtlinge in den anderen Bundesländern erhalten, sind begrenzt gültig – die Dauer reicht von einem Arztbesuch bis zu einem Quartal. Mit den Scheinen können Flüchtlinge einen Arzt aufsuchen. Die Ärzte verschreiben die Arzneimitteln zulasten der zuständigen Behörde auf einem Muster-16-Rezept.
Anders in Bayern: Dort gibt es ein neues Formblatt, das dem grünen Rezept ähnelt. Es enthält eine Zeile für die jeweilige Kostenstelle sowie die Codierleiste „Medizinische Versorgung von Asylbewerbern in...“. Eine Übersicht über die verschiedenen Kostenträger bietet der Bayerische Apothekerverband (BAV).
In Nordrhein-Westfalen ist zunächst die Bezirksregierung Arnsberg zuständig. Die Verordnungen können zu den Konditionen des Arzneimittellieferungsvertrags Nordrhein-Westfalen und des Hilfsmittellieferungsvertrags mit den dortigen Primärkassen beliefert werden. Auf den Rezepten muss die Bezirksregierung als Kostenträger angegeben und die Adresse der jeweiligen Erstunterbringungseinrichtung vermerkt sein.
Wenn verordnet, dürfen auch apothekenpflichtige Arzneimittel an Erwachsene abgegeben werden. Für Dauerverordnungen und Mieten, etwa bei Milchpumpen, braucht es eine Genehmigung. Sobald die Asylbewerber einer Stadt oder Gemeinde zugewiesen sind, sind die örtlichen Sozialämter die Kostenträger.
In Niedersachsen übernehmen die Zentralen Aufnahmestellen in Bramsche, Braunschweig und Friedland die Versorgung bis zu dem Zeitpunkt, an dem Asylbewerber einer Stadt oder Gemeinde zugewiesen werden. In Rheinland-Pfalz sind zum Teil eigene Leistungsbehörden der kreisfreien Städte oder Landkreise verantwortlich.
In Baden-Württemberg verfügen die Landeserstaufnahmeeinrichtungen (LEA) und die bedarfsorientierten Aufnahmestellen (BEA) inzwischen über eigene Institutionskennzeichen. Hilfsmittel können nach Vorlage und Prüfung eines Kostenvoranschlags durch die LEA beliefert werden. In Schleswig-Holstein ist das Landesamt für Ausländerangelegenheiten in Neumünster für die Flüchtlinge in Erstaufnahmestellen zuständig.
Die übrigen Länder haben laut AvP-Chef Klaus Henkel noch nichts zur Flüchtlingsversorgung veröffentlicht. Sobald dies geschieht oder Apotheker weitere Informationen liefern, soll die Liste aktualisiert werden. „Das ist ein lebendes Dokument“, so Henkel. Die Informationen sind auf den Webseiten der Rechenzentren veröffentlicht und sollen immer den gleichen Stand haben.
Um Sprachbarrieren zu bewältigen, empfehlen AvP und NARZ/AVN zudem verschiedene kostenlose Apps, die über Sprache gesteuert werden: den Google-Übersetzer, den Microsoft-Translator und den Übersetzer Tensift, der allerdings nur mit Apple-Produkten nutzbar ist. Bei diesen Programmen kann ein Text – quasi am HV-Tisch – ins Smartphone gesprochen werden und wird übersetzt ausgegeben.