Die Stunde der Wahrheit rückt näher: Seit Montag sitzt der Schätzerkreis zusammen, um über den einheitlichen Beitragssatz der Krankenkassen zu beraten. Bis Mittwoch oder Donnerstag verrechnen die Finanzexperten in Bonn hinter verschlossenen Türen aufwendig gesammelte Prognosen miteinander. Die Bundesregierung legt den Beitrag auf Grundlage der Schätzung in Kabinettsrunden am 7. und Ende Oktober erstmals selbst fest.
Der Großteil der 51 Millionen GKV-Versicherten wird sehr wahrscheinlich einen höheren Beitrag zahlen müssen, denn die Ausgaben für Ärzte, Kliniken und Arzneimittel steigen schneller als die Einnahmen. Der Einheitssatz für alle rund 215 Kassen wird nach landläufiger Einschätzung daher mindestens bei 15,5 Prozent liegen. Insgesamt werden die Kassen 2009 rund 160 Milliarden Euro ausgeben. Auf der Habenseite können die Kassen zusätzlich 1,5 Milliarden vom Steuerzahler verbuchen.
Die Kasseneinnahmen hängen zudem davon ab, wie hoch die Löhne nächstes Jahr ausfallen und wie es auf dem Arbeitsmarkt weitergeht. Vorhersagen der kommenden Konjunkturprognose fließen schon ein. Von wohl plus rund 2 Milliarden Euro ist in Regierungskreisen die Rede. Die Finanzmarktkrise wirkt freilich abkühlend. Die Leitung des Schätzerkreises fällt dem Bundesversicherungsamt zu - Amtspräsident Josef Hecken räumt eine zwangsläufige Prognose-Unsicherheit ein. Er versichert aber: „Wir wollen die so gering wie möglich halten.“
Einiges spricht dafür, dass die Koalition das 40-Prozent-Ziel bei den Lohnnebenkosten schaffen kann. Allerdings nur, weil sie den Sonderbeitrag der Arbeitnehmer von 0,9 Prozent nicht mitrechnet. Doch wirklich abgerechnet wird bei den Angestellten ohnehin später: Manche Kassen dürften schon 2009, viele in den Jahren darauf Zusatzbeiträge fordern. Der Gesundheitsökonom Jürgen Wasem erwartet, dass viele Kassen zunächst sparen, wo sie können, bis sie allmählich auch stärker durch Angebote und Service in Wettstreit treten.
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