Raumfahrtmedizin ist kein Fachgebiet APOTHEKE ADHOC, 03.08.2021 14:42 Uhr
Das Landgericht Koblenz hat einem Arzt untersagt, sich unter anderem als Facharzt für Energie- und Raumfahrtmedizin auszugeben. Die einstweilige Verfügung wurde bestätigt, geklagt hatte die Wettbewerbszentrale.
Der Arzt hatte medizinische Ferndiagnosen und entsprechende Therapien beworben und sich als „Facharzt für Neurologie und Psychiatrie, Psychotherapie, Akupunktur, Hypnose, Sexualmedizin, Psychoneuroimmunologie, Energie- und Raumfahrtmedizin“ bezeichnet. Tatsächlich ist er ist Facharzt für Neurologie und Psychiatrie sowie Psychotherapie. Die Weiterbildungsordnungen der Ärztekammern kennen die Bezeichnungen „Akupunktur“, „Hypnose“, „Sexualmedizin“, „Psychoneuroimmunologie“ und „Energie- und Raumfahrtmedizin“ nicht als Fachgebiete.
Als Privatarzt hatte er Fachgespräche über Telefon und Video angeboten. Die Patient:innen sollten Unterlagen erhalten, benötigt wurden außerdem ein älteres Foto sowie ein aktuelles Foto und gegebenenfalls eine Haarprobe. Arztgespräch mit Ferntherapie sollten dann den Befund klären. Konkret sollte aus den Photonen des Lichtbildes und den Schwingungen der DNA der zugesendeten Kopfhaare die „Parameter fast aller bekannten Viren, Bakterien und Parasiten ermitteln“ lassen.
Das Landgericht teilte die Auffassung der klagenden Wettbewerbszentrale, dass die Eigenwerbung mit erfundenen Facharztbezeichnungen unzulässig ist. Die Irreführung durch das versandte E-Mail-Schreiben sei geeignet gewesen, den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte, so das Landgericht. Verbraucher:innen würden besondere Fachkenntnisse über „Hypnose“, „Sexualmedizin“ und in den anderen Gebieten erwarten – und damit eine bestmögliche.
Nach § 9 Heilmittelwerbegesetz (HWG) ist eine Werbung für Fernbehandlung unzulässig. Die Ausnahme ist, wenn „nach allgemein anerkannten fachlichen Standards ein persönlicher ärztlicher Kontakt mit dem zu behandelnden Menschen nicht erforderlich ist“. Bei der „Diagnostik für alle Organsysteme“ des Arztes gab es nach Auffassung des Landgerichts aber keine Rechtfertigung, warum nach allgemein anerkannten fachlichen Standards ein persönlicher ärztlicher Kontakt mit dem zu behandelnden Menschen nicht erforderlich sein sollte.
Laut Wettbewerbszentrale ist der falsche Facharzt kein Einzelfall. Erst jüngst habe das Oberlandesgericht Oldenburg (OLG) in einem Verfahren der Wettbewerbszentrale einem Zahnarzt untersagt, sich als „Zahnarzt für Kieferorthopädie“ zu bezeichnen, sofern er nicht die nach dem Weiterbildungsrecht einer Zahnärztekammer erworbene Bezeichnung „Fachzahnarzt für Kieferorthopädie“ führen darf.