Plan C: Gestaffelter Kassenabschlag

Radikale Umverteilung: XXL-Apotheken sollen zahlen

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Berlin -

In zehn Tagen stimmen Kammern und Verbände über den von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) vorgelegten Plan B zur Reform des Apothekenmarktes ab. Jetzt haben die Basisapotheker aus Westfalen-Lippe einen Plan C vorgelegt: Über den Apothekenabschlag sollen die umsatzstarken Apotheken den Großteil der kleineren Apotheken „subventionieren“. Das Umverteilungsvolumen soll 240 Millionen Euro betragen. Für die Kassen ist der Vorschlag kostenneutral. Nach Ansicht der Basisapotheker kann so sowohl auf ein Rx-Versandverbot als auch auf den von Spahn vorgeschlagenen Boni-Deckel verzichtet werden.

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„Es wird eine rechtssichere Alternative zum Rx-Versandverbot vorgeschlagen“, heißt es im Konzept der Basisapotheker um Apotheker Dr. Ingo Dramburg und Gunnar Müller. Durch eine gestaffelte Packungsvergütung würden die Flächendeckung gesichert und die Vergütung des Versandhandels auf Großhandelsniveau begrenzt. Auf eine Quote oder Begrenzung der Rabatte des Versandhandels könne verzichtet werden. „Das Konzept ist für die GKV kostenneutral. Es belastet die stärksten Marktteilnehmer (15 Prozent) zugunsten der systemrelevanten Apotheken in der Fläche (85 Prozent), was den Empfehlungen des 2hm-Gutachtens entspricht“, heißt es weiter.

Die Rx-Packungsvergütung sei die tragende Säule des Apothekenertrags, sie sei ausgelegt auf eine „beratungsintensive, persönliche, qualifizierte Abgabe durch spezifisch ausgebildetes Fachpersonal (Apotheker, PTA). Das Honorar reiche inzwischen bei kleineren und mittleren Betrieben gerade aus, die Fixkosten zu decken für Personal, Miete, EDV, Literatur, Investition, Steuern und Unternehmerlohn.

Kritik üben die Basisapotheker an Spahns Plan B: Der vom Gesundheitsminister vorgelegte Entwurf nütze allein ausländischen Versendern und legitimiere deren Untergrabung der deutschen Gesetzgebung der letzten Jahrzehnte. Eine Begrenzung des Versandhandels durch eine Quote sei weder rechtlich noch praktisch durchführbar. Und das Angebot der Vergütung „neuer“ Dienstleistungen oder die Aufstockung beim Notdienst kosteten zusätzliches Geld, ohne strukturelle Probleme zu beheben.

Daher schlagen die Basisapotheker folgendes Umverteilungsmodell vor: „Kleine Apotheken mit wenigen Packungen müssen pro Packung eine höhere Vergütung erhalten.“ Die Packungsvergütung soll beim fixen Betrag von derzeit 8,35 Euro bleiben. Der Kassenabschlag von aktuelle 1,77 Euro „steigt in Stufen von 0 – 7,50 Euro und begrenzt damit die Packungsvergütung bei großen Logistikern auf ein Niveau, das mit dem des Großhandels vergleichbar ist.“

Alle Apotheken sollen in Absatzklassen nach Rx-Packungen in 10.000er-Schritten eingeteilt werden. Der Abschlag wird in Stufen zwischen 0 und 7,50 Euro erhoben. Konkret: Alle Apotheken zahlen für die ersten 10.000 Rx-Packungen keinen Kassenabschlag. Zwischen 10.000 und 20.000 Rx-Packungen werden in allen Apotheken 50 Cent Kassenabschlag fällig. Bis zu 70.000 Rx-Packungen steigt der Kassenabschlag schrittweise auf 2,75 Euro. Zwischen 100.000 und 150.000 Rx-Packungen soll der Abschlag 4 Euro betragen. Ab 150.000 Rx-Packungen steigt der Abschlag auf 7,50 Euro. Das gesamte Umverteilungsvolumen veranschlagen die Basisapotheker auf 240 Millionen Euro.

„Um die große Masse der Apothekenbetriebe und damit die Flächendeckung nachhaltig zu sichern, wird ein gestufter Abschlag eingeführt“, so das Konzept. Das Modell lasse bei bestehender Grundannahme reichlich Spielraum und könne auch in mehreren Schritten umgesetzt werden. Die von Spahn vorgeschlagene Vergütung für neue Dienstleistungen können unabhängig von diesem Konzept erfolgen. Ihren Plan C haben die Basisapotheker an Spahn, ans Kanzleramt, ans Bundeswirtschaftsministerium, an die 2hm-Gutachter, an die ABDA und alle Kammern und Verbände geschickt.

Analog zum Steuerrecht solle der Abschlag, den die Apotheken bislang einheitlich für jede Packung an die GKV als „Rabatt“ entrichten, zu einem Steuerungsinstrument weiterentwickelt und je nach Betriebsgröße und Packungszahl gestaffelt entrichtet werden: „Da die Fixkosten bei steigender Packungszahl insbesondere bei sehr großen Apotheken und Versendern nicht linear mit den Packungszahlen steigen“, so Ingo Dramburg von den Basisapothekern als Initiator des Modells, „ist nicht einzusehen, warum eine große Apotheke und ein großer Versender selbst für die hunderttausendste und millionste Packung noch dieselbe Vergütung bekommt wie eine kleine, inhabergeführte Land- oder Stadtteil-Apotheke, die viel- leicht insgesamt nur ein paar tausend Menschen vor Ort versorgt und nicht von internationalen Investoren mit Risikokapital gestützt wird.“

Die BasisApotheker versprechen sich von ihrem ungewöhnlichen Vorstoß zur Umverteilung eine nachhaltige Unterstützung für die flächendeckende Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln und eine nachhaltige Stärkung für die Arbeit in den kleineren und mittleren, noch inhabergeführten deutschen Apotheken. Sie erfolge zu einem Zeitpunkt, zu dem „gerade diese Apotheken jede Unterstützung seitens der Politik brauchen“, so der Fraktionsvorsitzende Müller.

Einen Umverteilungsplan hatte im November 2017 bereits Kammerpräsidentin Gabriele Regina Overwiening ins Gespräch gebracht. Sie plädierte für einen finanziell aufgestockten Umverteilungstopf nach dem Vorbild des Nacht- und Notdienstfonds (NNF). „Wir brauchen dringend ein neues Honorierungsmodell, das die flächendeckende Versorgung stärkt beziehungsweise sichert“, sagte Overwiening bei der Kammerversammlung. Das Honorarsystem dürfe die Schere in der Umsatz- und Ertragsverteilung nicht weiter öffnen und müsse besondere pharmazeutische Dienstleistungen und Qualitäten wie beispielsweise die Arzneimitteltherapiesicherheit (AMTS) honorieren: „Wenn alle dabei bleiben, dass eine flächendeckende Arzneimittelversorgung höchste Priorität hat und haben wird, dann kann entweder aus dem Fixum heraus oder durch einen zum Fixum zusätzlich gezahlten Betrag eine Umverteilung vorgenommen werden.“

Dieser Betrag könne gleichsam an alle Apotheken als eine Art „Sicherstellungspauschale“ ausgeschüttet werden. Denn die Beteiligung am Nacht- und Notdienst, die tägliche Prüfung von Fertigarzneimitteln und die Herstellung von Rezepturen leisteten alle Apotheken unabhängig von ihrer Größe und Lage – und ebenso im Unterschied zu Versandhandel.

„Bei 50 Cent aus dem Fixum heraus beziehungsweise pro Rx-Packung on top ergäbe sich eine ‚Spielmasse‘ von circa 1500 Euro und Monat je Apotheke für einen solchen Vorschlag“, so Overwiening. Eine Umlage von 50 Cent je Rx-Packung würde insgesamt eine Umverteilungsmasse von 360 Millionen Euro ergeben, pro Apotheke also einen Betrag von rund 18.500 Euro.

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