Ungeachtet der politischen und gesellschaftlichen Diskussionen über Lieferengpässe schreiben die Kassen weiter Rabattverträge aus, vielfach weiter im Exklusivmodell. Der Dienstleister GWQ setzt dabei auf ein besonderes Konzept: Der Zuschlag wird nur an einen Hersteller vergeben, aber es werden auch Verträge mit „Ersatzversorgern“ geschlossen. In der Industrie ist man gespalten.
GWQ schreibt Rabattverträge als Dienstleister vor allem für Ersatzkassen aus. In der exklusiven Vergabe gewinnt dabei ein Bieter. „Wir erteilen aber auch Zuschläge für Ersatzversorger 1 und 2 und haben damit die Möglichkeit, im Fall einer länger andauernden Lieferunfähigkeit vom Hauptversorger den Ersatzversorger 1 zu fragen, ob er für diese Zeit die Belieferung übernehmen möchte“, erklärt ein Sprecher. „Der Ersatzversorger kann das auch ausschlagen, aber wenn er zustimmt haben im Fall der Fälle dann einen vergaberechtlich sauberen Vertrag. Das eröffnet uns einfach mehr Optionen.“
Das Hauptaugenmerk liege auf der zuverlässigen Arzneimittelversorgung der Versicherten der Kundenkassen, so der Sprecher weiter. „Um dieses Ziel zu erreichen, sind wir stets bemüht, vorausschauend zu agieren.“
Aus diesem Grund habe man sich bereits 2020 in Abstimmung mit den beteiligten Kassen dazu entschieden, für bestimmte Wirkstoffe Rabattverträge mit mehreren Herstellern zu schließen, wobei der Erstplatzierte die Hauptversorgung übernimmt. Die Ersatzversorgung sei ein standardmäßiges Verfahren, welches man bereits seit der 24. Generikaausschreibung durchführe.
„Dabei werden die Bieter auf dem zweiten und dritten Platz der Wertung Vertragspartner als Ersatzversorger. Der Ersatzversorger wird eingesetzt, wenn der Hauptversorger über einen längeren Zeitraum nicht lieferfähig ist und der GWQ die Nichtlieferfähigkeit anzeigt.“
Bei den Herstellern gibt es gemischte Reaktionen: „Meine persönliche Meinung dazu: Die GWQ macht das recht geschickt“, sagt ein Manager eines großen Generikaherstellers. Einerseits erzielten die Kassen mit dem Verfahren maximale Rabatte, da es sich um ein exklusives Zuschlagsmodell handele und Hersteller für solche in der Regel höhere Nachlässe einräumten. „Auf der anderen Seite sichert sich die GWQ ab, sollte der Hauptversorger ausfallen.“
Für die Ersatzversorger habe das Modell den Vorteil, dass man im Falle eines Lieferausfalls des Hauptversorgers die Möglichkeit habe zu wählen, ob man einspringen möchte oder nicht. „Idealerweise kann man einspringen und kann seine Ware verkaufen. Sollte man aber nicht ausreichend Bestand haben, kann man ablehnen und so möglichen Schadenersatzforderungen seitens der GWQ aus dem Weg gehen.“
Nachteil sei, dass man als Ersatzversorger nicht wirklich planen könne, weil ja die Performance des Hauptversorgers dafür entscheidend sei, ob man einspringen müsse oder nicht. „Attraktiv ist es also erst, wenn ich tatsächlich Überbestände habe, die ich so noch los werden kann.“
Und noch einen interessanten Nebenaspekt hat das Modell: Durch das Ranking können die Fachabteilungen der Unternehmen ganz gut einschätzen, wie gut das Angebot an die GWQ war. „Wird man Ersatzversorger, weiß man, dass man das zweitbeste oder das drittbeste Angebot abgegeben hat und kann dann daraus Rückschlüsse ziehen – auch in Bezug auf andere Krankenkassen.“
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