Apotheker wehrt sich gegen Roxi-Retax Alexander Müller, 20.07.2015 15:20 Uhr
Die Austauschpflicht bei Rabattverträgen führt immer wieder zu Ärger zwischen Apothekern und Krankenkassen – und zu Null-Retaxationen. Vor allem bei Antibiotika sind viele Pharmazeuten bei der Substitution skeptisch, wenn der Arzt eine exakte Menge verschrieben hat. Doch die Kassen sind vielfach unerbittlich und pochen auf die Abgabe ihres Vertragspartners.
In diesem Fall war es die KKH, die eine Verordnung über Roxithromycin auf Null retaxierte, weil der Apotheker den Rabattvertrag nicht beachtet hatte. Der Arzt hatte das Antibiotikum von 1A Pharma mit sieben Stück verordnet – damals noch nicht Rabattpartner der KKH. Die Apotheken-EDV hatte daher sofort einen Austausch vorgeschlagen. Der Apotheker verfeinerte die Suche jedoch auf die verordnete Menge, da diese auf dem Rezept angegeben war. Damit blieb 1A in der Auswahl.
Die Gesellschaft für Statistik im Gesundheitswesen (GFS), die für die KKH und andere Kassen die Rezeptprüfung übernimmt, retaxierte das Rezept dennoch auf Null. Aus Sicht der Kasse war der Apotheker zum Austausch verpflichtet, weil die beiden N1-Packungen grundsätzlich austauschbar sind. Formal ist das korrekt.
Der Apotheker aus Nordrhein-Westfalen will dennoch versuchen, gegen die Retaxation vorzugehen: „Die Abgabe von zehn Tabletten mag wirtschaftlicher sein als sieben Tabletten, aber ob das medizinisch sinnvoller ist, ist eine ganz andere Frage.“ Der Arzt habe sich bei der Verordnung schließlich etwas gedacht.
Eine Erhöhung von sieben auf zehn Tabletten sieht der Apotheker problematisch: „Warum sollte der Patient ein Antibiotikum länger nehmen, als der Arzt für richtig hält?“ Dies könne völlig vermeidbare Magenprobleme beim Patienten verursachen oder sogar Allergieprozesse auslösen. Halte sich der Patient dagegen an die Verordnung und nehme nur sieben Tabletten, sieht der Apotheker eine andere Gefahr: dass sich der Kunde bei der nächsten Infektion mit den verbliebenen drei Tabletten selbst therapiert.
Selbst wenn dieses Antibiotikum in diesem Fall angezeigt wäre, die Therapiedauer wäre auf jeden Fall zu kurz, warnt der Apotheker. Den meisten Patienten sei aber nicht bewusst, dass Antibiotika auch nach Abklingen der Symptome weiter genommen werden müssten. „Auf diese Weise handeln wir uns immer mehr Resistenzen ein“, so der Apotheker.
Die Null-Retax sei leider kein Einzelfall, berichtet der Apotheker. Das Problem sei auch nicht kassenspezifisch, Retaxationen in diesem Zusammenhang gebe es nicht nur von der KKH. „Es kann doch nicht sein, dass den Marktinteressen der Kassen und Hersteller Vorrang eingeräumt wird vor Gesundheitsinteressen, die das eindeutig höhere zu schützende Gut sind.“