Arzneimittelausgaben

Rabatt-Streit eskaliert Alexander Müller, 05.02.2010 15:34 Uhr

Berlin - 

Im Streit um die Rabattverträge verhärten sich die Fronten. Während die Kassen einerseits über die steigenden Arzneimittelausgaben klagen, halten sie sich andererseits bedeckt, wenn es um die tatsächlichen Einsparungen geht. Das Bundesgesundheitsministerium (BMG) veröffentlicht zwar eine Aufstellung, darin sind aber die Rabatte aller Kassen zusammengerechnet. Auch der GKV-Spitzenverband kann keine genauen Angaben machen: „Dazu haben wir keine Zahlen, die Verträge macht jede Kasse selbst“, sagte eine Sprecherin gegenüber APOTHEKE ADHOC. Die Kassen berufen sich auf ihre vertragliche Pflicht zur Verschwiegenheit gegenüber den Herstellern.

Für das Jahr 2008 hatte das BMG insgesamt 310 Millionen Euro Einsparungen aus Rabattverträgen ausgewiesen, allerdings wurden die Rabatte erst in der zweiten Jahreshälfte gesondert erfasst. Die Zahlen für 2009 liegen einem Sprecher zufolge noch nicht vor. Sie dürften insgesamt deutlich höher liegen als 2008, weil fast alle großen Kassen zwischenzeitlich Rabattverträge abgeschlossen haben.

So schätzt AOK-Rabattchef Dr. Christopher Hermann die Einsparungen im vergangenen Jahr allein für das AOK-System zwischen 300 und 400 Millionen Euro. „Das ist mehr als wir zunächst erwartet hatten, wir konnten die Zahl nach oben korrigieren“, sagte Hermann gegenüber APOTHEKE ADHOC.

Bei der Barmer/GEK hat man für den Vorwurf, die Kassen würden ihre Finanzlage verschleiern, kein Verständnis: „Es ist Unsinn zu behaupten, diese Zahlen seien nicht transparent. Bei uns gibt es eine eigene Kontierung für vertraglich vereinbarte Rabatte mit pharmazeutischen Unternehmen“, sagte ein Sprecher der Kasse. Diese Zahlen müssten die Kassen in regelmäßigen Abständen an das BMG liefern. Eigenen Schätzungen zufolge hätten die Rabattverträge im vergangenen Jahr Einsparungen „im hohen zweistelligen Millionenbereich“ erbracht, so der Sprecher.

Die Deutsche Angestellten Krankenkasse (DAK) wollte gegenüber APOTHEKE ADHOC dagegen keine Zahlen nennen: „Fragen Sie bei VW, welche Rabatte die durch ihre Verträge mit Zulieferern bekommen?“ Die Einsparungen seien Bestandteil der Rabattverträge, und die DAK habe eine Verschwiegenheitspflicht gegenüber den Herstellern, sagte eine Sprecherin. Die Kasse spielt den Ball zurück an die Politik: „Wir haben die Rabattverträge nicht erfunden. Dann muss man eben ein Einsparinstrument suchen, das transparent ist“, so die Sprecherin. Die Vorwürfe, dass sich die Kassen diese Rabatte einstecken, seien aber absurd.

Das BMG stellt sich hinter die Krankenkassen: „Jeder Euro, den die Kassen einnehmen und ausgeben, muss korrekt verbucht werden. Das wird auch von den Aufsichtsbehörden genau überprüft. Die Einsparungen aus den Rabattverträgen werden von den Kassen korrekt verbucht“, teilte das Ministerium auf Anfrage mit. „Die Rabatte werden unmittelbar bei den Ausgaben für Arzneimittel gegengebucht, es sind weder Einnahmen der Krankenkassen oder nicht erwähnte Ersparnisse, sondern schlicht Minderausgaben“, so das BMG.

Der Deutsche Apothekerverband (DAV) bleibt bei seiner Kritik: „Wir reden heute über Ausgaben, und die Einnahmen sind noch gar nicht alle verbucht“, sagte ein Sprecher gegenüber APOTHEKE ADHOC. In den eigenen Zahlen zu Arzneimittelausgaben seien die Einsparungen aus den Rabattverträge jedenfalls nicht enthalten. „Dann sollen die Kassen jetzt die Zahlen für 2009 bekannt machen. Möglicherweise gibt es dann gar keinen Zuwachs bei den Arzneimittelausgaben“, so der Sprecher.