Regionalkonferenz zum ApoRG

„PTA sind keine kleinen Apotheker“

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Köln -

Unter dem Motto „Patientenversorgung gefährdet!“ organisieren die Apothekerkammer und der Apothekerverband Nordrhein über den Sommer Regionalkonferenzen. Heute fand der Auftakt in Köln statt. Ziel sei es insbesondere, Bundestagsabgeordnete auf die Probleme der Branche aufmerksam zu machen, erklärt Thomas Preis, Vorsitzender des Apothekerverbandes Nordrhein. Denn im Endeffekt seien es die Abgeordneten, die die Verantwortung für das Gesetz trügen.

Verband und Kammer planen, die parlamentarische Sommerpause zu nutzen, um ihre Kritik an dem Apothekenreformgesetz (ApoRG) in die Politik zu tragen. Man habe keine Zeit zu verlieren, betont Preis. „Lauterbach macht Politik, ohne mit den Leistungsträgern zu sprechen“, erklärt er. Und selbst wenn er mit ihnen spreche, ignoriere er die Hinweise der Vertreter. Jedenfalls würde man auch in dem aktuellen Entwurf zur Reform wenige der Einwände wiederfinden, so Preis.

Einen Kabinettsbeschluss hat es diese Woche nicht gegeben, doch Preis rechnet mit einem Kabinettsbeschluss am 21. August. Dann beginnt das parlamentarische Verfahren im Bundestag. „Am Ende tragen die Abgeordneten des Deutschen Bundestags die Verantwortung für das Gesetz“, betont Preis.

Zur Regionalkonferenz waren daher auch Abgeordnete aus den Wahlkreisen eingeladen worden, darunter auch Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) und Finanzminister Christian Lindner (FDP), die allerdings terminlich verhindert waren. Dr. Georg Kippels (CDU) ist der Einladung gefolgt. Man würde nicht müde werden, den Patientinnen und Patienten gegenüber zu kommunizieren, wer sich für die Versorgung starkmacht und wer nicht, sagt Preis auch mit Blick auf die nächsten Wahlen.

„Die Zahl der Apotheken befinde sich im dramatischen Sinkflug, daran wird Lauterbachs Gesetz nichts ändern“, so Preis. Es werde dringend mehr Geld gebraucht, um die chronisch unterfinanzierte Branche zu stützen. „Die primitive Idee der Umverteilung in der ohnehin schon unzureichend finanzierten Branche wird die wenigen stabilen Apotheken auch noch ins Straucheln bringen“, warnt Preis.

Auch Großstädte betroffen

„Um den Kostendruck, unter dem die Apotheken stehen, nachzuvollziehen, genügt ein simpler Dreisatz“, sagt Dr. Ralph Elster (CDU), Bürgermeister der Stadt Köln. Seit 2013 habe es keine Anpassung der Vergütung mehr gegeben, gleichzeitig würden die Betriebs- und Personalkosten steigen, hinzu komme die Inflation. Eine Anhebung des Honorars sei unbedingt notwendig. „Apotheken sind Wirtschaftsunternehmen und müssen auch so geführt werden“, sagt Elster.

Er betont, dass das Apothekensterben kein reines Problem in ländlichen Regionen sei. Auch in zentralen Lagen Kölns würden immer mehr Betriebe schließen müssen. „Wir brauchen unsere Strukturen vor Ort, dafür möchte ich mich als Kommunalpolitiker starkmachen“, verspricht Elster.

Anpassungen in der Vergütung reichen nicht aus

Die im ApoRG vorgenommenen Anpassungen der Vergütung sind nach Rechnung der Treuhand Hannover bei weitem nicht ausreichend, um die finanzielle Situation der Apotheken zu verbessern. Der variable Anteil soll in zwei Schritten erst auf 2,5 dann auf 2 Prozent abgesenkt werden. Mit den frei werdenden Mitteln soll dann das Fixum in zwei Schritten auf 9 Euro erhöht werden. Zudem sollen Notdienste mit Geld aus dem pDL-Topf besser vergütet werden. „Die Durchschnittsapotheke – nicht die häufigste Apotheke, die meisten Apotheken liegen unter dem Durchschnitt – würde 2025 circa 16.000 Euro mehr Rohgewinn machen, hauptsächlich durch Absenkung des Abschlags“, rechnet Gabriele Amoriello von Treuhand Hannover vor.

Bei erwerbsschwachen Apotheken gebe es weniger Plus im Rohgewinn, Spezialapotheken würden sogar rund ein Drittel verlieren, so Amoriello. Diesen 16.000 Euro Plus stünden aber 20.000 Euro an Kostensteigerungen sowie möglicherweise noch einmal etwa 23.000 Euro Verlust durch die Streichung von Skonti gegenüber. „Der Entwurf ist nicht geeignet, um die wirtschaftliche Lage insbesondere auf dem Land zu stabilisieren“, erklärt Amoriello.

Politische Bankrotterklärung

Um die Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln sicherzustellen, seien Apotheken unabdingbar. Mit dem Konzept der Apotheke ohne Präsenzapotheker, wie sie Lauterbach vorschwebe, bräche der Minister außerdem sein Versprechen, dass es bei den Änderungen im Gesundheitssystem nicht zu Leistungskürzungen kommen werde, fügt Dr. Armin Hoffmann, Präsident Apothekerkammer Nordrhein, an. „Mit dem Gesetz wird genau das eintreten“, betont er. Leittragende werden die Patientinnen und Patienten, besonders Schmerzpatienten, sein. Die bestehenden Strukturen und Leistungen aufzugeben, sei eine Bankrotterklärung.

PTA ist ein Assistenzberuf

Auch Dagmar Hußmann, Leiterin PTA-Lehrakademie Köln, sieht Lauterbachs Light-Apotheke kritisch: „PTA sind keine kleinen Apotheker“, betont sie. PTA sei ein Assistenzberuf, die Ausbildung gar nicht darauf ausgelegt, eine Apotheke nur unterstützt, durch Videobetreuung zu führen. Das zu erreichen, sei innerhalb der Ausbildungszeit bloß „reines Wunschdenken“.

„Medizinische Fachangestellte (MFA) sind ja auch keine Ärzte“, erklärt Hußmann. Die Light-Apotheke würde den Patienten schaden. Im Hinblick auf die Patientensicherheit bedarf es der Expertise eines Apothekers. Außerdem müssten PTA auch entsprechend entlohnt werden, wenn sie mehr Verantwortung übernähmen, sagt Hußmann. Doch eine Steigerung der Löhne sei im ApoRG nicht vorgesehen. „PTA wollen auch gar nicht leiten“, führt sie an.

Auch wegen der steigenden Anzahl chronisch kranker Patientinnen und Patienten, wie Diabetikern, sei die Versorgung vor Ort immer wichtiger, erklärt Sabine Härter, Patientenvertreterin Deutsche Diabetes-Hilfe. „Es macht uns Angst! Jede Apotheke weniger ist ein Verlust und wir sind die, die die Lasten tragen. Denn wir brauchen persönliche Beratung in unserer Therapie“, betont Härter.

Auch Dr. Oliver Funken, Mitglied im Bundesvorstand des Hausärztinnen- und Hausärzteverband, betont, dass der Dialog mit allen Leistungsträgern nötig sei, um das Gesundheitssystem zu verändern. Lauterbachs Reformpläne seien ein „Downsizing“ der Kompetenzen der Apothekerinnen und Apotheker. Die Versorgung der Patientinnen und Patienten wird schlechter werden, warnt er.

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