Am Mittwoch, 14. Juni werden die meisten Apotheken in Westfalen-Lippe geschlossen sein – bis auf die Nacht- und Notdienstversorgung. „Wir gehen davon aus, dass über 80 Prozent aller Apotheken dem Protestaufruf unseres Bundesverbandes Abda folgen werden“, kündigte Kammerpräsidentin Gabriele Regina Overwiening bei der Sitzung des Westfälisch-lippischen Apothekerparlamentes an.
Overwiening, die seit 2021 in Personalunion auch Präsidentin der Abda ist, fügt hinzu: „Wir brauchen jetzt ganz dringend ein Apothekenstärkungsgesetz, so wie es die Ampel-Koalition vor eineinhalb Jahren versprochen hat. Denn jeden Tag schließt mindestens eine Apotheke in Deutschland ihre Türen für immer.“
Wirtschaftliche Gründe seien dabei ebenso bedeutsam wie der Mangel an Personal und Nachwuchs. „Mangelnde Anerkennung und Frustration über überbordende Bürokratie gehören ebenso zu den Gründen wie eine extreme Arbeitsverdichtung und der mangelnde Wille der Politik, den Apotheken und den dort arbeitenden Menschen zu helfen“, kritisiert Overwiening. „Im Klartext bedeutet Apotheken kaputtzusparen, die flächendeckende, niedrigschwellige und wohnortnahe Arzneimittelversorgung kaputtzusparen.“ Weil das nicht im Sinne der Patientinnen und Patienten sei, protestierten die Apothekenteams letztlich auch für sie.
Zuvor hatte Overwiening den 97 Delegierten dargelegt, dass die Zahl der Apotheken im Kammerbezirk mittlerweile im 19. Jahr in Folge zurückgeht. Der Sinkflug hat sich sogar noch beschleunigt: „Aktuell zählen wir in den drei Regierungsbezirken Arnsberg, Detmold und Münster nur noch 1748 Apotheken. Davon werden 478 als Filialen geführt“, so Overwiening. Der sich daraus ergebende Wert von nur noch 1270 Selbstständigen sei der niedrigste seit 1965. Die Apothekerkammer rechnet bis zum Jahresende mit bis zu 30 weiteren Schließungen.
Auch wenn sich die Zahl der Selbstständigen nahezu halbiert hat, bleiben Apothekerinnen und Apotheker, PTA und PKA weiterhin stark gefragt: In den westfälisch-lippischen Apotheken sind nach wie vor etwa 1000 Stellen unbesetzt. Auf jeden Stellensuchenden kommen derzeit rein rechnerisch mehr als zehn offene Stellen.
Ausführlich debattierte das Apothekerparlament daher über Strategien gegen den Fachkräftemangel. Konkret wurde die Schaffung weiterer PTA-Schulen und eines weiteren Hochschulstandortes für Pharmazie in Ostwestfalen gefordert. Dank einer Stiftungsprofessur der Kammer können an der Universität Münster mittlerweile mehr Studienplätze angeboten werden. Seine Vorstellungen für eine patientenorientierte Pharmazie und für ein modernes, zukunftsweisendes Pharmaziestudium erläuterte der Inhaber des von der AKWL gestifteten Lehrstuhls, Professor Dr. Björn Burckhardt.
Als erfreuliche Entwicklung bilanzierte Overwiening das wachsende Angebot der neuen pharmazeutischen Dienstleistungen in den Apotheken. „Mehr als jede zehnte Apotheke in unserem Landesteil ist bereits dabei, und der Run auf unsere Fortbildungsangebote hierzu ist immens“, konstatierte Overwiening.
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