Eigentlich hat die Abda die Devise ausgegeben, keine Proteste im Alleingang durchzuführen. Doch nach dem Hessischen Apothekerverband (HAV) geht jetzt auch die Landesapothekerkammer in Brandenburg in die Offensive. Unter dem Motto „Apotheken reden Tacheles“ finden die Motive deutliche Worte. Kammerpräsident Jens Dobbert fordert den Bund auf, die Unzufriedenheit der Menschen endlich ernst zu nehmen, ihre Politik zu überdenken und einen Kurswechsel einzuleiten. Sonst droht den Parteien bei den nächsten Wahlen die Quittung.
„Vorsicht, SPD! Wer Apotheken für Pillepalle hält, bekommt vom Wähler ’ne Packung.“ So lautet der provokative Claim auf den Plakaten der Kammer. Anschließend findet sich die Aufforderung: „Apothekenreform stoppen, Gesundheitsversorgung sichern!“ Und es folgt die Botschaft: „Die Apotheke. Nur echt mit Apothekerin und Apotheker.“
„Trotz erheblichem Gegenwind aller Gesundheitsberufe hält der Gesundheitsminister stur an seinen eigenen Ideen fest, ohne Rücksicht auf Verluste. Damit gefährdet die SPD ihre eigene Wählbarkeit. Es bleibt zu hoffen, dass der Weckruf endlich erhört wird!“, so die Kammer. Aktuell existieren laut Kammer in Brandenburg nur noch 535 Apotheken. Jede Apotheke im Bundesland müsse im Schnitt rund 4820 Bürgerinnen und Bürger versorgen.
Nach dem schlechten Wahlergebnis der Regierungsparteien in der Europawahl sei es unverantwortlich und kurzsichtig, einfach so weiterzumachen wie bisher. „Die Bedürfnisse der Bevölkerung müssen endlich ernst genommen und in den Mittelpunkt der politischen Entscheidungen gestellt werden. Andernfalls könnten auch die kommenden Landtagswahlen in Thüringen, Sachsen und Brandenburg und erst recht die Bundestagswahl im nächsten Jahr zu desaströsen Ergebnissen führen“, so Dobbert.
Insbesondere Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) müsse seinen Kurs endlich ändern. Mit seinem „Gesetz für eine Apothekenhonorar- und Apothekenstrukturreform“ löse er keines der drängenden Probleme in der Arzneimittelversorgung, sondern schaffe sogar viele neue – und das auf Kosten der Gesundheit der Bevölkerung, so Dobbert.
Besonders das Konzept einer Apotheke ohne Präsenzapotheker steht in der Kritik. „Eine Leistungskürzung im Gesundheitswesen, hier speziell in der Arzneimittelversorgung, ist nicht hinnehmbar“, betont Dobbert. Mit dem Light-Konzept würden künftig in Apotheken keine Rezepturen mehr angefertigt, keine Betäubungsmittel, meistens Schmerzmittel für schwer kranke Menschen, abgegeben und auch keine Nacht- und Notdienste mehr erbracht werden können.
„Es ist eben nicht egal, ob eine Apothekerin oder ein Apotheker nach einem fünfjährigen Studium eine Apotheke leitet und die Arzneimittelsicherheit verantwortet oder nicht. Herr Lauterbach bekämpft hier den Fachkräftemangel, indem er den Bedarf an Fachkräften einfach künstlich abschafft und damit die Versorgungssicherheit der Bevölkerung massiv gefährdet“, kritisiert Dobbert. Erschütternd sei zudem, dass gerade ein sozialdemokratisch geführtes Ministerium mittelständischen Unternehmen empfiehlt, Effizienzreserven auf Kosten ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auszuschöpfen.
Das Plakat zur Initiative wird auch an die Apotheken in Brandenburg geschickt. Zusätzlich möchte die Kammer online auf die Probleme aufmerksam machen. Auf der Webseite „Apotheken reden Tacheles“ lädt die Kammer unter anderem dazu ein, eigene Erfahrungen zu teilen. Heute ist außerdem der Instagram-Account „apotheken_reden_tacheles“ online gegangen.
Die Kammer hat auf der Webseite auch ihre Kernpunkte zur Landtagswahl in Brandenburg im September dieses Jahres veröffentlicht. Im Einzelnen sind die Forderungen:
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