Innovationsfonds

Projekt Top: Klinikapotheker am Krankenbett

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Berlin -

Im Juni hat der Innovationsfonds eine neue Förderrunde eingeläutet. Nächste Woche endet die Bewerbungsfrist. Im Herbst sollen die Förderprojekte vergeben werden. In den bisherigen vom Innovationsfonds gesponserten Projekten sind die Apotheker oft mit der Überprüfung und Anpassung von Medikationsplänen beteiligt. Im Projekt „Top“ der Barmer kümmern sich Krankenhausapotheker persönlich um neu eingelieferte Patienten. Auch hier geht es um die Erstellung von Medikationsplänen. Denn häufig fehlen überlebenswichtige Informationen über die Arzneimittelhistorie von Patienten. Dass soll sich jetzt ändern.  

Aus diesem Grund soll ab Oktober das Projekt „Top“ („Transsektorale Optimierung der Patientensicherheit“) gestartet werden, das vom Innovationsfonds gefördert wird: Alle Medikamente werden in einem standardisierten Medikationsplan erfasst, den auch der Patient via App einsehen kann. „Top“ soll die Zusammenarbeit zwischen Arzt und Apotheker fördern: Klinikapotheker sollen bei Aufnahme und Entlassung den Mediziner im Krankenhaus unterstützen; so sollen weiterbehandelnde Ärzte und Apotheker adäquat informiert werden.

Auch im ambulanten Bereich sollen Ärzte und Apotheker enger zusammenarbeiten. Dies sei für die bestmögliche Versorgung erforderlich, so Professor Dr. Daniel Grandt, Chefarzt der Klinik für Innere Medizin I, Klinikum Saarbrücken und Mitglied im Vorstand der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft (AkdÄ). „Das funktioniert im Einzelfall und regional schon ganz gut, aber systemisch gibt es hier Defizite.“ Bei „Top“ soll ein arbeitsteiliger Ansatz verfolgt werden; alle Abläufe sollen standardisiert sein, sodass der Informationsfluss sichergestellt ist. Auch eine „aufwandsadäquate Vergütung“ ist vorgesehen.

Laut Barmer läuft im Rahmen des „Top“-Projekts die Aufnahme eines Patienten in die Klinik so ab: Mit seinem Einverständnis erfolgt in einem ersten Schritt ein Screening, ob er Polypharmaziepatient ist. Dies wird mithilfe einer Software und den Abrechnungsdaten der Krankenkassen überprüft. Der Krankenhausapotheker wird elektronisch informiert, wenn es sich um einen Polypharmaziepatienten handelt und kann die behandlungsrelevanten Abrechnungsdaten der Barmer und Hinweise auf mögliche Risiken einsehen. So bekommt er einen ersten Überblick über Gesundheitshistorie und Medikation.

In einem zweiten Schritt macht der Krankenhausapotheker beim Patienten eine Arzneimittelanamnese und ändert beziehungsweise ergänzt gegebenenfalls die Medikation. Danach nutzt er einen softwaregestützten Arzneimittel- und Wechselwirkungscheck, um mögliche Risiken zu identifizieren und kontaktiert den behandelnden Krankenhausarzt, wenn Änderungen bei der Medikation erforderlich sind. Darüber hinaus prüft der Krankenhausapotheker, ob es sich um einen „Standard-Patienten“ oder einen „Hochrisiko-Patienten“ handelt, der deutlich mehr als fünf Wirkstoffe zugleich einnehmen muss. Letzterer wird vom Krankenhausapotheker während seines kompletten Stationsaufenthalts engmaschig betreut. Wie dieser Prozess im Detail aussehen wird, wird im Laufe des Projektes noch erarbeitet, wenn erste Erfahrungswerte vorliegen.

Am Ende der stationären Behandlung erfolgt sowohl bei den „Standard-“ als auch „Hochrisiko-Patienten“ erneut eine abschließende Medikamentenprüfung. Zudem wird ein Entlassdokument für den weiterbehandelnden Arzt erstellt. Darüber hinaus nimmt der Krankenhausapotheker Kontakt zum weiterbehandelnden Arzt auf, wenn bei einem „Hochrisiko-Patienten“ die Medikation während der stationären Behandlung geändert wurde. Auch dieser Prozess muss noch genau definiert werden. Dabei geht es im Kern um die Frage, welche Informationen die Ärzte wann benötigen, um den Patienten bestmöglich weiterbehandeln zu können. Vor diesem Hintergrund sind bei „Top“ zahlreiche verschiedene Partner seitens der Ärzteschaft, Krankenhäuser und Apotheker an Bord, um diesen Prozess im engen Austausch zu definieren.

Von Seiten der Apothekerschaft sind der Bundesverband Deutscher Krankenhausapotheker (ADKA), die Apothekerkammer Westfalen-Lippe, der Apothekerverband Westfalen-Lippe und die Apothekerkammer Niedersachsen mit an Bord. Das Projekt ist auf vier Jahre angelegt; 15 Kliniken machen mit. An Bord sind auch Kassenärztliche Vereinigungen (KV).

Auch in weiteren vom Innovationsfonds geförderten Projekten sind Apotheker mit an Bord: Zahlreiche verschreibungspflichtige und frei verkäufliche Medikamente können allein oder in Kombination Nebenwirkungen haben, die Herzrhythmusstörungen verursachen. Dies wird oft nicht systematisch überprüft und daher nicht rechtzeitig erkannt. Die Folgen können in manchen Fällen lebensbedrohlich sein. Besonders gefährdet sind ältere, chronisch erkrankte Menschen, die mehrere Medikamente gleichzeitig einnehmen müssen. Das Projekt QT-Life möchte derartig gefährliche Nebenwirkungen durch Früherkennung verhindern. Die Studie findet in Schleswig-Holstein statt. Apothekerinnen und Apotheker werden besonders geschult, um Risikopatienten in der Apotheke anzusprechen, zu ihrem Medikamentenplan zu befragen, zu beraten und ihnen im Rahmen der Studie ein Langzeit-EKG anzubieten. Diese Untersuchung kann erste Anzeichen für Herzrhythmusstörungen – die sogenannte „QT-Streckenverlängerung“ – erkennen. Betroffene können dann durch Kardiologen und Hausärzte behandelt werden, bevor Herzrhythmusstörungen auftreten. Konsortialpartner sind bei QT-Life der Apothekerverband Schleswig-Holstein, die Ärztegenossenschaft Nord, DAK-Gesundheit, Nambaya GmbH und das Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf.

Bei HIOPP-3-iTBX geht es um angemessene und sichere Medikation für Heimbewohner mit Hilfe einer interprofessionellen Toolbox (AMTS-Toolbox). Die medikamentöse Versorgung in Einrichtungen der Langzeitpflege ist problematisch: Über die Hälfte aller Heimbewohner nehmen im Durchschnitt fünf und mehr Dauermedikamente ein. Das Risiko einer unangemessenen Medikation ist dabei sehr hoch, denn Arzneimittel können sich gegenseitig beeinflussen oder behindern. Das führt häufig zu unerwünschten arzneimittelbedingten Ereignissen und zu Klinikeinweisungen, die vermeidbar wären. Das Ziel des Projektes HIOPP-3 „Interprofessionelle Toolbox (iTBX)“ ist es, die Arzneimitteltherapiesicherheit bei Heimbewohnern zu verbessern. Dafür soll der Medikationsprozess für die Mitarbeiter im Heim, in Hausarztpraxis und Apotheke optimiert werden. Hierzu wird eine cluster-randomisierte multizentrische Studie durchgeführt. Die Kernintervention besteht aus einem Medikamentenreview durch einen Apotheker, dessen Ergebnisse den versorgenden Hausärzten übermittelt und von diesen geprüft und umgesetzt werden.

Auch das Projekt OAV – Optimierte Arzneimittelversorgung für pflegebedürftige geriatrische Patienten will durch interdisziplinäre geriatrische Teams und ein spezielles Risikomanagement unerwünschte Arzneimittelereignisse vermeiden oder reduzieren. Apotheker machen zunächst ein Risikoscreening hinsichtlich möglicher unerwünschter Nebenwirkungen bei der Einnahme mehrerer Medikamente, Ärzte eine verstärkte Risiko-Nutzen-Bewertung und Pflegefachkräfte führen eine gezielte Therapiebeobachtung und Risiko-Kommunikation durch.

Das Projekt ARena – Antibiotika-Resistenzentwicklung nachhaltig abwenden – hat sich das Ziel gesetzt, Antibiotika gezielter einzusetzen, weil immer mehr Bakterienstämme resistent werden. Voreilige und häufige Gabe von Antibiotika können Gründe hierfür sein. Damit bakterielle Infektionen auch in Zukunft erfolgreich behandelt werden können, sollten Antibiotika gezielter eingesetzt werden. Unter der Federführung des aQua-Instituts startete bereits 2017 das Projekt ARena, das sich dieser Problematik annehmen wird. Mit an Bord sind neben Apothekern die AOK Bayern, die AOK Rheinland/Hamburg, der AOK-Bundesverband, die Kassenärztliche Vereinigung Bayerns, die Agentur deutscher Arztnetze sowie über 400 Arztpraxen aus 14 Arztnetzen aus Bayern und Nordrhein-Westfalen.

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