Erstattungspreise

AMNOG: Hersteller bekommen Rücktrittsrecht

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Berlin -

Bei den Verhandlungen über Erstattungspreise neuer Arzneimittel erhalten die Hersteller künftig etwas größeren Spielraum. Nach einem Spruch der AMNOG-Schiedsstelle können Hersteller länger die sogenannte „Opt-out“-Option nutzen und die Preisverhandlungen ohne negative Folgen später abbrechen. Außerdem wird die „Zuschlagslogik“ bei der Ermittlung des Erstattungspreises flexibler gestaltet: Neben der wirtschaftlichsten Vergleichstherapie können so auch andere Kriterien in die Preisfindung einfließen.

Erweitert hat die vom unparteiischen Vorsitzenden Professor Dr. Jürgen Wasem geführte AMNOG-Schiedsstelle die „Opt-out“-Regel, nach der Hersteller ihre neuen Arzneimittel vom Markt nehmen können, ohne dass der GKV-Spitzenverband oder die Schiedsstelle einseitig einen Erstattungspreis festlegen. Oft ziehen Hersteller die Reißleine, um eine mögliche negative Referenzwirkung auf ausländische Märkte zu vermeiden.

Bislang konnten Hersteller bis vier Wochen nach dem Beschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) über den Zusatznutzen die „Opt-out“-Option ziehen. Jetzt können die Hersteller den Beginn der Preisverhandlungen abwarten. Bis 14 Tage nach der ersten Verhandlungsrunde bleibt den Herstellern nach dem Schiedsspruch die Option offen.

Mit der Verlängerung der Frist erhält der Hersteller größere Klarheit über die voraussichtliche Preisgestaltung. Klargestellt wurde weiterhin, dass diese Regelung für jede Preisverhandlung gilt, also etwa auch bei Neuverhandlungen in Folge einer weiteren Indikation.

Mehr Flexibilität gibt es bei den Grundlagen zur Ermittlung des Erstattungsbetrags für Arzneimittel mit einem von G-BA attestierten Zusatznutzen. Die bisher vorgesehene „Zuschlagslogik“ wird modifiziert. Der Preis der zweckmäßigen Vergleichstherapie ist nicht mehr alleine als Bezugsgröße ausschlaggebend. Vielmehr können mit der „freien Würdigung des Einzelfalls unter Berücksichtigung der Besonderheiten des jeweiligen Therapiegebietes“ weitere Aspekte wie beispielsweise Lebensqualität einfließen.

Ein vereinbarter Erstattungsbetrag gilt weiterhin automatisch auch für andere Arzneimittel mit dem gleichen Wirkstoff, also etwa Parallelimporte oder Lizenznehmer im Mitvertrieb. Bei einer „unzumutbaren Härte“ können Hersteller wirkstoffgleicher Arzneimittel allerdings jetzt ein Schiedsverfahren gegen diese Preisfestsetzung einleiten, beispielsweise wenn sie neue Indikationen oder Darreichungsformen geltend machen können. In diesen Fällen muss die Schiedsstelle innerhalb von acht Wochen entscheiden.

Abgelehnt hat die Schiedsstelle dagegen den Wunsch der Hersteller, Erstattungspreise für die Verordnung in den Arztpraxen automatisch als „wirtschaftlich“ einzustufen. Die Hersteller hatten darauf verwiesen, dass neue Arzneimittel unter anderem aus Sorge der Ärzte vor Regressen zu langsam bei den Patienten ankämen. Aus Sicht der Schiedsstelle gibt es für eine solche Automatik keine gesetzliche Grundlage. Das müsse der Gesetzgeber selbst regeln.

Der Bundesverband der Arzneimittel-Hersteller (BAH) zeigt sich mit dem Spruch der Schiedsstelle vorsichtig zufrieden, obwohl nicht alle Forderungen aufgegriffen wurden: „Die Ergebnisse zeigen eine moderate Weiterentwicklung der Rahmenvereinbarung ohne Rückschritte. Die Schiedsstelle hat dabei erkennbar einen Ausgleich der Interessen des GKV-Spitzenverbands und der Herstellerverbände vorgenommen.“

Seit Oktober haben die Herstellerverbände mit dem GKV-Spitzenverband über eine neue AMNOG-Rahmenvereinbarung verhandelt. Der Rahmenvertrag legt die Kriterien für die Einzelverhandlungen der Hersteller mit dem GKV-Spitzenverband fest. Die alte Rahmenvereinbarung wurde im Jahr 2012 geschlossen.

Die Schiedsstelle hat mit Spruch vom 30. Juni über Veränderungen bei der Rahmenvereinbarung entschieden und diese zum 1. Juli in Kraft gesetzt. Das Schiedsverfahren war nötig geworden, weil Hersteller und GKV-Spitzenverband keine Übereinkunft finden konnten.

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