Preis an GroKo: Rx-Versandverbot muss kommen APOTHEKE ADHOC, 12.01.2018 12:31 Uhr
Auf dem traditionellen Neujahrsempfang des Apothekerverbandes Köln appellierte Verbandschef Thomas Preis an die Versorgungs- und die gesellschaftliche Verantwortung der politischen Entscheidungsträger. Diese müssten die sichere und heilberufliche Arzneimittelversorgung durch öffentliche Apotheken im Interesse der Menschen in unserem Lande deutlich nachhaltiger unterstützen.
In Anbetracht bestehender Bedrohungen durch rein kommerziell ausgerichtete und nicht dem Gemeinwohl verpflichtete internationale Großkonzerne und kontraproduktiver Entscheidungen aus der EU müsse die Politik konsequenter handeln und für die Menschen vor Ort unverzichtbare Strukturen wie die Arzneimittelversorgung durch die inhabergeführte Apotheke stärken. „Apotheken vor Ort brauchen mehr Planungssicherheit und zuverlässige Rahmenbedingungen,“ stellte Preis klar.
Von herausragender Bedeutung sei daher weiterhin ein Rx-Versandverbot. Preis dankte hier ausdrücklich Hermann Gröhe (CDU), der als Bundesgesundheitsminister schnell und unmittelbar noch im Dezember 2016 mit einem Gesetzesentwurf reagiert habe. Auf dem Sommerempfang des Apothekerverbandes Nordrhein und persönlich auch in vielen Gesprächen habe Gröhe stets sehr deutlich gemacht, dass er das Rx-Versandverbot in Koalitionsverhandlungen durchsetzen wolle.
Preis warnte vor einem „Laufenlassen“ in dieser Angelegenheit. Dies sei nicht zu verantworten und würde letztlich unwiderruflich zu einem Verlust politischer Steuerungsmöglichkeiten bei der Arzneimittelversorgung führen. „Wir brauchen ein Verbot für den Versandhandel mit verordneten Medikamenten, wie es drei Viertel der EU-Staaten schon haben. Die große Mehrheit in einer möglichen neuen großen Koalition, die CDU/CSU, hat das längst erkannt. Aber jetzt muss es auch im Koalitionsvertrag vereinbart werden und dann auch von einer neuen Bundesregierung zügig umgesetzt werden“, forderte Preis.
Als Vorbild für die Bundespolitik verwies Preis auf das klare Bekenntnis der neuen NRW-Koalition: Auf insgesamt 27 Seiten im Koalitionsvertrag würden die Freien Berufe bei ausdrücklicher Nennung der Apotheken berücksichtigt. Dies sei, so Preis weiter, bundesweit in dieser Form einzigartig, die Bedeutung der Freien Berufe für ein Bundesland nicht nur darzustellen, sondern zusätzlich auch konkrete Planungen zur Fortentwicklung zu verankern. Dies solle Ansporn sein, in den hoffentlich bald zu verhandelnden Koalitionsvertrag in Berlin zu verankern.
Positiv wertete Preis die im abgelaufenen Jahr in Kraft getretenen Erhöhungen bei der Rezepturvergütung und bei den Dokumentationsgebühren für Betäubungsmittel und T-Rezepte. Endlich werde die mit der Herstellung und Abgabe dieser Arzneimittel verbundene pharmazeutische Leistung beziehungsweise der Dokumentationsaufwand zwar nicht kostendeckend, aber immerhin nach Jahrzehnten ohne jegliche Erhöhungen in diesem Bereich besser honoriert.
Diese grundsätzlich positiven Entwicklungen im Honorarbereich können laut Preis allerdings nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Apotheken zur langfristigen wirtschaftlichen Sicherung vor allem endlich auch Planungssicherheit bei der Entwicklung ihres Fixhonorars benötigten. Das sei allein schon deshalb mehr als gerechtfertigt, weil die Apotheken mit ihren Teams immer wieder neue, fachlich und logistisch aufwändige Herausforderungen stemmen müssten. Beispielhaft führte er hier die Erhöhung des Schutzes vor Arzneimittel-Fälschungen durch das Projekt Securpharm im Februar 2019 an und verwies aktuell auf die Cannabis-Versorgung, die mit höchstem pharmazeutischen Aufwand verbunden sei. „Neben dem Rx-Versandverbot gehört ein angemessenes Apothekenhonorar zu den Kernforderungen an eine neue Bundesregierung“, so Preis.
Das noch vor Weihnachten unter sehr fragwürdigen Bedingungen veröffentlichte Honorargutachten sei wenig hilfreich, betonte Preis. Abgesehen davon, dass man ein solches Gutachten allein schon aufgrund der Vorgeschichte nicht ernst nehmen könne, so seien auch aus fachlicher Sicht größte Zweifel angebracht. „Wenn laut Gutachten etwa die Hälfte der Apotheken wirtschaftlich gefährdet ist, aber gleichzeitig gefordert wird, 1,24 Milliarden Euro im Bereich der Apotheken, und somit 40.000 Euro pro Apotheke, einzusparen, muss man doch auch an der ökonomischen Kompetenz dieses Gutachtens zweifeln,“ so Preis.
In seinem Grußwort verwies der Bundestagsabgeordnete Dr. Georg Kippels zunächst auf die historisch bisher noch nie dagewesene Situation, auch nach über 100 Tagen nach einer Bundestagswahl noch keine neue Bundesregierung zu haben. Mit dieser Situation müsse man nun umgehen. Kippels zeigte sich im Hinblick auf die Gespräche zur Fortsetzung einer großen Koalition zuversichtlich. Vertraute Partner müssten hier einen neuen Anlauf machen. Es komme politisch darauf an, kraftvoll nach vorne zu schauen. Dabei müsse man neuen Entwicklungen angemessen Rechnung tragen. Hier nannte er an erster Stelle die Digitalisierung.
Das EuGH-Urteil und die immer noch nicht erfolgten gesetzgeberischen Maßnahmen bezeichnete Kippels als „offene Wunde, mit der man sich beschäftigen müsse“. Keinen Zweifel ließ er daran, dass man die Arzneimittelversorgung durch öffentliche Apotheken als „Qualitätsmerkmal“ erhalte wolle.