Die Ärzte und ihre mangelhafte Software sind aus Sicht der Krankenkassen für die meisten Retaxationen von Apotheken verantwortlich. Der GKV-Spitzenverband setzt sich in seiner Stellungnahme zum E-Health-Gesetz daher erneut dafür ein, dass die Ärzte zur regelmäßigen Aktualisierung ihrer Praxis-EDV verpflichtet werden. Mehr noch: Die Zertifizierung der Software soll von einer unabhängigen Stelle überwacht werden.
Der Gesetzgeber hat das Problem der veralteten Informationen erkannt: Mit dem E-Health-Gesetz sollen die Kassenärzte verpflichtet werden, im Rahmen der Verordnung von Arzneimitteln nur noch Software einzusetzen, die jeweils aktuelle Informationen aus den Preis- und Produktverzeichnissen enthält.
Der GKV-Spitzenverband begrüßt diese Verpflichtung der Ärzte. Denn heute könnten Preis- oder Produktänderungen mit einer Zeitverzögerung von bis zu drei Monaten in der Praxis ankommen. Hätte der Arzt dagegen „tagesaktuelle Informationen“ zur Verfügung, könnte er diese bei der Verordnung berücksichtigen und die Patienten gegebenenfalls besser über Alternativen informieren.
Neben den Patienten würden aus Sicht des GKV-Spitzenverband vor allem die Apotheker profitieren: „Mangelnde Aktualität der Verordnungssoftware ist eine wesentliche Ursache für vermeidbare Fehler, die einen Großteil der Retaxierungsvorgänge gegenüber Apotheken ausgelöst haben“, heißt es in der Stellungnahme.
Die Kassen würden sogar noch weiter gehen und die Regelung auf andere Produkte der Versorgung erweitern, etwa Medizinprodukte, Verbandstoffe und enterale Ernährung. Das könnte Rechtsunsicherheiten zwischen Ärzten, Krankenkassen und den Leistungserbringern wie Apotheken oder Sanitätshäusern minimieren, so der GKV-Spitzenverband.
Denn Probleme durch unklare oder fehlerhafte Verordnung äußerten sich erst außerhalb der Arztpraxis, etwa beim Einlösen der Verordnung in der Apotheke. „Dem Arzt selbst entsteht kein Nachteil durch fehlerhafte Verordnungen. Aus diesem Grunde gibt es für die Ärzte kaum einen Anreiz, diese Fehler zu minimieren“, kritisiert der GKV-Spitzenverband.
Hier wollen die Kassen den Druck auf die Mediziner erhöhen: „Die Schaffung anlassgerechter Sanktionsmöglichkeiten bei Verwendung einer nicht den Vorgaben entsprechenden Praxisverwaltungssoftware würde die Qualität der Verordnungen im Sinne der Patientenversorgung deutlich fördern.“
Die Softwarehäuser der Ärzte bieten – äquivalent zur Apotheken-EDV – schon heute alle zwei Wochen Updates der Arzneimitteldatenbanken an. Doch ob die Praxen die Updates vornehmen, ist ihnen freigestellt. Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) trägt lediglich dafür Sorge, dass die Software-Hersteller die aktuellen Abrechnungsdaten in ihre Systeme einspeisen – das geschieht einmal im Quartal. In diesem Zuge werden auch die Arzneidaten aktualisiert. Tatsächlich warten viele Ärzte nach wie vor auf die CD, statt die Updates zu installieren.
Die KBV hatte schon in ihrer Stellungnahme zum E-Health-Gesetz eine Übergangsfrist gefordert, sollte die Regierung an den Plänen einer verpflichtenden Aktualisierung festhalten. Von einem Jahr für die Aufrüstung der Praxen war in dem Papier die Rede.
Aus Sicht der Kassen reichen jedoch auch die bisherigen Zertifizierungsverfahren der Praxissoftware bei Weitem nicht aus. „Um einen Großteil der Folgeprobleme bei der Patientenversorgung oder Rechnungskürzungen gegenüber den Apotheken zu vermeiden, muss nach der Zertifizierung auch die Funktionalität der Software entsprechend den Vorgaben im täglichen Einsatz regelmäßig überprüft werden“, so ihre Forderung.
Aufgrund der übergeordneten Bedeutung für alle betroffenen Leistungserbringer, sollte die Zertifizierung und „Überwachung“ der Arztsoftware dem GKV-Spitzenverband zufolge einer neutralen Instanz übertragen werden. Der Kassenverband hatte im vergangenen Jahr schon vorgeschlagen, auch die Bereitstellung der Daten für die Apothekensoftware einer staatlichen Kontrolle zu unterwerfen – eine staatliche ABDA gewissermaßen.
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