Praxen unzufrieden mit TI Laura Schulz, 08.12.2023 07:52 Uhr
Das Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung in Deutschland (Zi) hat sich unter Berliner Ärzt:innen und Psychotherapeut:innen umgehört und eine große Unzufriedenheit mit der Telematikinfrastruktur (TI) feststellen können. 44 Prozent der befragten Praxen klagten über häufige Software-Abstürze.
Doch nicht nur die Abstürze machen den Praxen zu schaffen, auch das Auslesen der elektronischen Gesundheitskarte (eGK) erweist sich als besonders störanfällig. In der schlecht umgesetzten Digitalstrategie sehen viele der befragten Praxen sogar eine Gefährdung der Patientenversorgung.
Mehrfach im Monat gebe es Probleme mit der Praxissoftware, wenn es um die TI geht, beklagen fast 50 Prozent der Praxen, bei etwa einem Viertel noch häufiger. Stürzt die Software ab, stehe die Patientenversorgung still. Schwierigkeiten beim Auslesen der eGK, gefolgt von Störungen bei klassischen TI-Anwendungen, wie dem Ausstellen einer elektronischen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (eAU) nerven besonders. Immerhin fast die Hälfte der Praxen nehmen wenigstens die TI bezüglich des elektronischen Medikationsplans als Erleichterung wahr.
Wenn wichtige TI-Anwendungen nicht nutzbar sind, liegt das häufig an der zeitaufwendigen Einführung und einer hohen Fehleranfälligkeit. Nach notwendigen Software-Updates gäbe es teilweise neue oder zusätzliche Probleme. Auch mit ihrem jeweiligen Service rund um das Praxisverwaltungssystem (PVS) sind nicht alle Praxen glücklich, was aber stark vom Anbieter selbst abhängt.
Nun wurden die Ergebnisse der Umfrage im Rahmen des Formats „Zi insights“ mit Expert:innen aus der vertragsärztlichen Praxis und der Gematik diskutiert. Viele Praxen stünden der Digitalisierung offen gegenüber, „für die Mehrheit der Praxen wird der Arbeitsalltag aber viel zu oft durch IT-Zusammenbrüche belastet, die dazu führen, dass anstatt der Hilfe suchenden Patientinnen und Patienten akute Softwareprobleme behandelt werden müssen“, sagte der Zi-Vorstandsvorsitzende Dr. Dominik von Stillfried. Das sorge für Frust auf allen Seiten.
Schotterpiste statt Datenautobahn
Statt der von der Politik versprochenen Datenautobahn für die Praxen gebe es eine belastende Schotterpiste. Es stehe sogar die Befürchtung im Raum, dass ältere Kolleg:innen ihre Praxen früher als nötig komplett schließen, nur um der „funktionsunfähigen“ TI aus dem Weg zu gehen. Praxen, die den Aufwand eines Wechsels hin zu einem funktionalen Softwareangebot auf sich nähmen, müssten daher gefördert werden.
„Die bisherige Gesetzgebung zwingt die ambulante Versorgung immer noch dazu, unausgereifte und fehlerhafte Technik und Anwendungen in den Praxen zu verwenden – und bestraft sie auch noch finanziell dafür. Darüber hinaus deckt die vom Bundesministerium für Gesundheit beschlossene Monatspauschale bei Weitem nicht die Kosten, die den Praxen durch den verpflichtenden Einsatz von Komponenten, Diensten und Anwendungen der Telematikinfrastruktur entstehen“, bekräftigte Dr. Sibylle Steiner, Mitglied des Vorstands der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV).
Die KBV arbeite derzeit mit den KVen an einem Rahmenvertrag, der klare Kriterien für gute und belastbare Softwareangebote beinhaltet. Softwarehersteller sollen diesen auf freiwilliger Basis unterzeichnen und den Praxen so Orientierung auf dem Markt bieten.