Präventionsgesetz

Zweifel an Gröhes Präventionsgesetz

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Berlin -

Das Präventionsgesetz von Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU)

stößt in der Großen Koalition auf Widerstand. Es gibt Zweifel daran,

dass das Gesetz zur Gesundheitsförderung im inzwischen fünften Anlauf

vom Bundestag beschlossen wird. Das Kabinett will Gröhes Entwurf heute

billigen.

Der CDU-Gesundheitspolitiker Michael Hennrich sagte den Stuttgarter Nachrichten: „Hier werden Gelder der Versicherten eingesetzt, die an anderer Stelle in der Versorgung fehlen.“ Es sei „ein falsches Signal, wenn es Sportkurse künftig auf Rezept geben soll, uns aber dann etwa Mittel fehlen, um Familien zu entlasten, deren Kinder an Neurodermitis erkrankt sind“.

Skeptisch ist auch die gesundheitspolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, Hilde Mattheis. Sie mahnte in der Zeitung, „dass hier nicht nach dem Gießkannenprinzip Mittel für das fünfte Faltblatt zum Thema „Beweg dich mal“ ausgegeben werden dürfen“.

Außerdem sei die Förderung von der Gesundheit zuträglichen Bedingungen in Schule, Arbeitsplatz und Wohngegend „eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe“, sollte also aus dem Steuertopf finanziert werden. Das gelte in ganz besonderem Maße für die Mittel, die die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung aus Versichertenbeiträgen erhalte. Sie könne sich gut vorstellen, „dass das eines der Gesetze wird, die wir in der Großen Koalition nicht gemeinsam hinkriegen“, sagte Mattheis.

Kritik kommt auch aus den Reihen der Opposition: Die gesundheitspolitische Sprecherin Kordula Schulz-Asche (Bündnis 90/Die Grünen) nannte den Entwurf „nichts weiter als ein Placebo“. Anstatt die Alltagswelten gemeinsam mit den Menschen vor Ort gesünder zu gestalten, setze Schwarz-Rot weiterhin auf individuelle Verhaltensänderungen. Mit Appellen durch den Arzt oder Gesundheitskursen ließen sich aber nur wenige Menschen zu gesundheitsbewusstem Verhalten bewegen. Das zusätzliche Geld werde verpuffen.

Dass die Hauptzuständigkeit für Gesundheitsförderung ausschließlich die Krankenkassen und Ärzte erhalten, sei gerade zu fahrlässig, so Schulz-Asche. Die Krankenkassen bauten Gesundheitsförderung als Marketinginstrument weiter aus, und der Ärzteschaft werde zukünftig ordentlich zusätzliches Geld zugeschoben. Verpflichtende Boni für Versicherte und Arbeitgeber seien ein diskriminierendes Belohnungs- und Bestrafungssystem. Es suggeriere, dass die Menschen selbst Schuld seien, wenn sie krank würden.

„Großen Nutzen sehen wir in einer gesunden Kita- und Schulverpflegung, weil der Erhalt und die Förderung der Gesundheit ganz wesentlich auch von gesunder Ernährung abhängt“, sagte die Verbraucherschutz-Politikerin der Fraktion, Nicole Maisch. Der Gesetzesentwurf verschwende an dieser Stelle Ressourcen.

Statt bereits erprobte Projekte und Strukturen etwa von Schulvernetzungsstellen weiter auszubauen, „wird die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung mit 35 Millionen im Jahr beglückt und muss das Rad neu erfinden. Wir sind gegen Doppelstrukturen und für Präventionskonzepte, die Wirkung zeigen.“

Auch der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) warnte vor den finanziellen Folgen des Präventions- und des GKV-Versorgungsstärkungsgesetzes. Die Rücklagen der Krankenkassen würden kurzsichtig verbraucht, sagte DGB-Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach der DPA. Den Arbeitnehmern drohten deshalb schon bald massive Zusatzbeiträge.

Zusammen mit der ebenfalls geplanten Krankenhausreform würden die beiden Gesetzesvorhaben die Krankenkassen und ihre Versicherten bis 2018 mit 2,3 Milliarden Euro jährlich belasten, kritisierte Buntenbach. „Es ist das gleiche unverantwortliche Spiel wie bei der Mütterrente“, sagte sie. Die Sozialkassen würden für gesamtgesellschaftliche Kosten geplündert, um den Haushalt zu entlasten und die schwarze Null im Bundeshaushalt zu halten. „Die Folge ist, dass die bestens dastehenden Sozialsysteme mutwillig in eine tiefe Krise regiert werden“, kritisierte Buntenbach.

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