Medikationsmanagement

Steffens: Apotheker haben noch Kapazitäten

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Münster -

Die Apotheker können und müssen laut NRW-Gesundheitsministerin Barbara Steffens (Bündnis 90/Die Grünen) mehr Verantwortung im Medikationsmanagement übernehmen. Gerade beim Thema Polymedikation sieht sie die Pharmazeuten in der Pflicht. Denn in der Arztpraxis sei für eine eingehende Beratung oft keine Zeit. Gleichzeitig kritisierte Steffens bei einer regionalen Fachtagung des Bundesverbands Managed Care in Münster, dass Apotheken noch immer mit Sonderangeboten zu Schmerzmitteln werben.

Steffens wies darauf hin, dass 62 Prozent der 65-Jährigen fünf oder mehr Arzneimittel pro Quartal erhalten. 5 Prozent aller Krankenhauseinweisungen seien Folgen unerwünschter Arzneimittelwirkung. Allein in NRW gebe es jährlich 215.000 Fälle, das sei nicht hinnehmbar. Im System sei ein „großes Potential von Fehlbehandlungen vorhanden“. Mehr als 60 Prozent der Krankenhausaufenthalte seien vermeidbar.

„Wir brauchen ein neues Denken im Umgang mit den Patienten und dafür brauchen wir eine andere Beratung“, so Steffen. Ärzte und Apotheker hätten zu lange darüber gestritten, wer für die Beratung zuständig ist. Beide Seiten hielten sich für Experten für die Arzneimitteltherapie. „Dieses Gegeneinander ist lange auf dem Rücken der Patienten ausgetragen worden“, so Steffens. „Aber wenn zwei sich streiten, wird am Ende nichts erreicht.“

Gerade ältere Menschen wären in der Arztpraxis oft in einer besonderen Stresssituation und könnten die Hinweise zu ihrer Verordnung nicht aufnehmen. Für eine eingehende Beratung zur gesamten Medikation sei in der Praxis auch gar keine Zeit, so Steffens. „Das heutige Informationssystem ist an vielen Stellen nicht ausreichend, wodurch weitere Risiken entstehen“, so Steffens.

Die Apotheker hätten dagegen oft die Zeit und die Möglichkeiten für eine solche Beratung. Hier werde schon heute im Nebenzimmer analysiert, was der Patient eigentlich alles einnimmt – „das klassische Sortieren“, so Steffens. „Wir müssen die Apotheker stärker mit in die Pflicht nehmen, und ich weiß auch, dass sie das gerne wollen“, so die Ministerin.

Gerade ältere Menschen als Hochrisikogruppe für die Polymedikation müssten enger betreut werden. Denn die verordneten Medikamente seien oft nur „die Spitze des Eisbergs“. Hinzu kämen in den meisten Fällen viele OTC-Arzneimittel: „Mit dem ganzen Konsortium wie Medinait zu Hause gibt es oft riesige Mengen an Arzneimitteln, die gleichzeitig genommen werden“, so Steffens. Die Risiken der Einnahmen würden oft nicht erkennbar, die Warnungen tabuisiert und verharmlost.

Ein wichtiges Thema in diesem Zusammenhang sei auch die Ernährung und deren Wechselwirkung mit Medikamenten. Auch für eine Beratung in diesem Bereich sei in der Arztpraxis jedoch weder Raum und Zeit. „Die einzige Stelle im System, wo wir heute noch die Kapazitäten haben, ist in der Apotheke“, so Steffens.

Das Setting der Versorgung müsse auf den Patienten ausgerichtet werden, hier könnten die Apotheker eine aktivere Rolle übernehmen. „Der Apotheker ist im Wandel begriffen, er wird sich auch wandeln müssen.“

Steffens erwartet von den Pharmazeuten, dass sie ihre Rolle ernst nehmen: „Der Heilberuf der Apotheker muss wirklich Heilberuf sein.“ Ohne Frage herrsche im Wettbewerb großer Druck: „Wenn ich aber auf Werbeflyern von Apothekern Angebote sehe zu drei Paracetamol zum Preis von zwei, fängt da die Arzneimitteltherapiesicherheit an.“ Ihr selbst sei in einer Apotheke eine größere Packung Schmerzmittel angeboten worden, weil das billiger sei. „Das ist dann das Gegenteil von Verantwortung des Heilberufs“, so Steffens.

„Dann bekommen wir die Diskussion, dass die Verantwortung in eine andere Hand gehört. Die Apotheke wird ein Supermarkt, nur mit anderen Produkten.“ In diesem Bereich könne jeder Apotheker für sich entscheiden, wie er seinen Ethos als Heilberuf sieht.

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