Apothekerin kann SPD-MdB nicht umstimmen Torsten Bless, 02.08.2017 13:42 Uhr
Mit schöner Regelmäßigkeit absolviert der SPD-Bundestagsabgeordnete Michael Groß kleine „Praktika“ bei Institutionen und Firmen seines Wahlkreises. Jetzt machte er Station bei der Glückauf-Apotheke in Datteln. Und spricht sich auch danach gegen ein Versandverbot von Rx-Medikamenten aus.
Vor ein paar Wochen war Groß bereits auf eine Stunde bei der Römer-Apotheke in Haltern am See. Auf Einladung der Besitzerin Anne Schmitz besuchte der SPD-Bundestagsabgeordnete für den Wahlkreis Recklinghausen II jetzt auch die Glückauf-Apotheke in Datteln. Schmitz hatte eine Mission: „Ich wollte ihn für den täglichen Ablauf in einer Apotheke und so für die Folgen des EuGH-Urteils sensibilisieren. Bei den Kosten, die hier in der Beratung, der Rezeptur und der Dokumentation entstehen, können wir gar keine Rezeptboni gewähren“, sagt Schmitz. „Das ist bei den Versandapotheken anders, die sich nur die Rosinen herauspicken.“
SPD-Mann Groß hat sich im Bundestag eigentlich auf andere Themen spezialisiert. So sitzt er in den Ausschüssen für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit und im Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz. Regelmäßig absolviert er aber kleine „Praktika“ in Firmen und Institutionen seines fünf Städte umfassenden Wahlkreises. Seine Abgeordnetenseite dokumentiert etwa Besuche im Seniorenzentrum und bei der Feuerwehr in Oer Erkenschwick, dem Wohnzentrum der Arbeiterwohlfahrt in Marl, der Polizei in Recklinghausen, der Tafel in Datteln oder einer Friedhofsgärtnerei in Herten.
Apotheken kannte er bislang nur von sehr gelegentlichen Besuchen. „Vor einiger Zeit bin ich an der Schilddrüse erkrankt, da musste ich häufiger in die Apotheke.“ Vom Blick hinter die Kulissen zeigte sich der SPD-Politiker sichtlich beeindruckt. Mit Herzblut und Engagement sei das Team der Glückauf-Apotheke bei der Arbeit: „Bislang war mir gar nicht bewusst, wie viel geleistet wird, um den Versorgungsauftrag zu erfüllen, das war total interessant.“
Besonders faszinierte ihn die Herstellung einer Salbe. „Der Laie, der sich das fertige Produkt hinterher abholt, weiß gar nicht, welcher Aufwand für die Herstellung nötig ist. Dafür bringen die Mitarbeiter in der Apotheke sehr viel Kenntnisse mit.“
Doch sollte die Dattelner Apothekerin gehofft haben, dass ihr Abgeordneter sich künftig uneingeschränkt an ihre Seite stellt, musste sie enttäuscht werden: „Ich bin nach wie vor gegen ein Versandverbot von Rx-Medikamenten“, sagt Groß. „Ich glaube fest daran, dass der Versandhandel nicht zu verhindern sein wird. Ich treffe viele Leute, die mich fragen, warum sie denn einen Rabatt von 10 Euro nicht mitnehmen sollen, wenn sie keine Beratung brauchen.“
Gleichwohl plädiert Groß für eine Aufwertung der Vor-Ort-Apotheken: „Wir müssen versuchen, die lokale Infrastruktur und Nahversorgung zu stärken und etwa Beratungsleistungen und Rezepturen angemessen zu finanzieren.“ Auch Menschen in ländlichen Regionen sollen von einer guten medizinischen Versorgung profitieren: „Der Wettbewerb darf nicht auf dem Rücken der Kranken ausgetragen werden, daher muss der Gesetzgeber für alle am Wettbewerb Beteiligten die gleichen Voraussetzungen schaffen.“