Seit Jahren ist Frank Diefenbach Kunde in der Michelstädter Rats-Apotheke von Apothekerin Jutta Sommer. Jetzt ist der Lehrer im Wahlkreis Odenwald der Kandidat der Grünen für den Bundestag. Deshalb lud ihn Sommer zu einem Besuch der anderen Art in ihre Apotheke. Diefenbach kam und war immerhin beeindruckt von seinen persönlichen Erfahrungen beim Blick hinter die Kulissen.
Im Anschluss an den zweieinhalbstündigen Besuch zückte Diefenbach sofort sein Handy und klingelte bei der gesundheitspolitischen Chefetage der Grünen in Berlin an. Daraufhin versprach auch Kordula Schulz-Asche, gesundheitspolitische Sprecherin Bundestagsfraktion der Grünen einen Besuch.
Nach einem Rundgang durch die Apothekenbetriebsräume assistierte Diefenbach einer pharmazeutisch-technischen Assistentin (PTA) bei der Herstellung einer individuellen Rezeptur und war erstaunt, wie akribisch jeder einzelne Schritt dokumentiert wird und wie groß der Zeitaufwand ist.
Danach hospitierte Diefenbach am HV-Tisch. Apothekerin Sommer erläuterte, worauf ihre Mitarbeiterinnen bei der Rezeptbelieferung alles zu achten haben. Die Auswahl des jeweils passenden Arzneimittels sei sehr anspruchsvoll: Rabattverträge der Krankenkassen, Importquote und die individuellen Bedürfnisse der Kunden müssen hierbei berücksichtigt werden.
In der wohnortnahen Apotheke seien benötigte Arzneimittel sofort oder binnen Stunden erhältlich, erklärte Sommer. Eine qualitätsgesicherte, kontrollierte Lieferkette garantiere Schutz vor Arzneimittelfälschungen. Bei Bedarf liefere der apothekeneigene Botendienst Arznei- und Hilfsmittel bis ans Krankenbett, auch in die umliegenden Ortsteile. Darüber hinaus gewährleistet der Apothekennotdienst eine 24 Stunden-Versorgung an 365 Tagen im Jahr.
Apothekerin Sommer bat Diefenbach, in seiner Partei dafür zu werben, dieses bewährte Versorgungssystem mit seinen rund 150.000 Arbeitsplätze nicht zu gefährden und sich für den Erhalt der Apotheke vor Ort – gerade auch auf dem Land – einzusetzen. Die hohen Boni, die ausländische Versandapotheken derzeit massiv bewerben und anbieten, bedeuten eine akute Gefahr für die flächendeckende Versorgung. Diefenbach und Sommer wollen in Kontakt bleiben.
Ein Umdenken hat der Besuch bei Diefenbach aber „grundlegend nicht“ bewirkt. Vom der Notwendigkeit eines Rx-Versandverbots konnte Sommer Diefenbach nicht überzeugen. „Wir haben das sehr intensiv und kritisch besprochen“, erzählt Sommer. Insgesamt habe sich Diefenbach, der sich nach eigenen Angaben zuvor noch nicht mit Apothekenthemen beschäftigt hat, „gut geschlagen“. Sommer: „Er kam gut vorbereitet zum Besuch. Ich glaube, er war von unserer Arbeit schon beeindruckt.“
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