Transplantationsmedizin

Politik: „Zeugen“ für Organspende

, Uhr

Der Skandal um Spenderorgane an der Göttinger Universitätsklinik hat für Entsetzen gesorgt. Sofort wurde der Ruf nach drastischen Strafen laut. Während auf der einen Seite von einem „krassen Einzelfall“ die Rede ist, werden auf der anderen Seite neue Kontrollmechanismen gefordert. Der Verdacht: Ein ehemaliger Oberarzt soll im großen Stil Akten gefälscht und die eigenen Patienten beim Empfang von Spenderlebern bevorzugt haben.

Der 45-Jährige soll in mindestens 25 Fällen Daten manipuliert haben. Der Krankheitszustand seiner Patienten soll dabei kritischer dargestellt worden sein, um die Chancen auf Spenderorgane zu verbessern. Die Staatsanwaltschaft im niedersächsischen Braunschweig ermittelt wegen Bestechlichkeit. Nach Angaben der Süddeutschen Zeitung könnten sich die Vorwürfe zum größten Betrugsfall in der Geschichte der deutschen Transplantationsmedizin ausweiten. Einem Krankenhaussprecher zufolge hat der ehemalige Oberarzt alle Vorwürfe bestritten.

„Wenn die Vorwürfe zutreffen, dann müssen die Gerichte die Verantwortlichen sehr hart und abschreckend bestrafen“, sagte SPD-Gesundheitsexperte Professor Dr. Karl Lauterbach den Zeitungen der WAZ-Gruppe. Er sprach von einem „krassen Einzelfall“. „Hier haben weder die Ärztekammer noch die Göttinger Uniklinik versagt.“

 

 

Der Ärztliche Direktor von Eurotransplant, Professor Dr. Axel Rahmel, kündigte im stärkere Kontrollen für den Fall an, dass sich die Vorwürfe gegen den Arzt bestätigen. „Wenn sich herausstellt, dass die Originalbefunde gefälscht sind, oder zumindest die Vermutung existiert, dass diese gefälscht sind, dann muss man sich natürlich neue, andere Methoden einfallen lassen, um das auch zu kontrollieren“, sagte er. Eurotransplant regelt die Verteilung von Spenderorganen nach streng festgelegten Kriterien in acht Mitgliedsländern. Dabei geht es nach Dringlichkeit.

„Das Vier-Augenprinzip erscheint mir in diesem hochsensiblen Bereich nötig“, sagte Niedersachsens Gesundheitsministerin Aygül Özkan. Sie forderte bessere Kontrollmechanismen bei der Vermittlung von Spenderorganen.

Auch der Chef der Ständigen Kommission Organtransplantation der Bundesärztekammer, Professor Dr. Hans Lilie, sprach sich für eine zusätzliche Kontrollinstanz aus. „Bei dem Skandal in Göttingen wurden offenbar Laborwerte verfälscht. Daher verfolge ich die Idee, dass ein Laborarzt die Daten, die Eurotransplant geschickt werden, noch einmal prüfen sollte“, sagte er der Zeitung „Die Welt“. Dieser Arzt solle „ein Zeuge für die Richtigkeit der Daten“ sein und „käme selbstverständlich nicht aus dem Umfeld des zuständigen Transplantationsmediziners.“

Der CDU-Gesundheitsexperte Jens Spahn sagte den Ruhr Nachrichten: „Wir erwarten von der Ärztekammer und auch der Deutschen Stiftung Organspende, dass sie jetzt konsequent aufklären und bestrafen. Da müssen dann halt auch mal Approbationen entzogen werden.“ Er verteidigte indes das System der Organspende als „hochprofessionell“.

 

Newsletter
Das Wichtigste des Tages direkt in Ihr Postfach. Kostenlos!

Hinweis zum Newsletter & Datenschutz

APOTHEKE ADHOC Debatte