Noch ist nicht klar, wie es mit dem Plan B von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) und dem Gegenvorschlag der ABDA inhaltlich weitergeht. Auf jeden Fall steht den Apothekern und ihren politischen Anliegen aber ein nervenaufreibender Frühling bevor. Schon heute geht es mit der parlamentarischen Beratung des Gesetzes für mehr Sicherheit in der Arzneimittelversorgung (GSAV) im Gesundheitsausschuss des Bundesrates los. Darin unterbringen will Spahn sein Apothekenpaket. Im März wird es dann richtig spannend.
Noch ist der umtriebige Bundesgesundheitsminister mit einem anderen Vorhaben vollauf beschäftigt. Am 14. März soll der Bundestag das Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG) verabschieden. Mit der Verkürzung der Wartezeiten für GKV-Versicherte soll dem weit verbreiteten Ärger über die angebliche Zwei-Klassen-Medizin die Spitze genommen werden. Der Termin ist wohl kein Zufall: Spahn feiert am 14. März ein kleines Jubiläum, genau vor einem Jahr hat er die Amtsgeschäfte im Bundesgesundheitsministerium übernommen – und das TSVG ist eines der wichtigsten gesundheitspolitischen Vorhaben der Koalition.
Daher müssen die Apotheker warten, bis das Mammutgesetz unter Dach und Fach gebracht ist. Dann geht es für die Pharmazeuten Schlag auf Schlag. Bereits in der anschließenden Sitzungswoche Mitte März wollen sich die Gesundheitspolitiker der Union mit Spahns Apothekenplänen inhaltlich befassen. Die Zeit drängt, denn der Fahrplan für die GSAV-Verabschiedung steht.
Am 15. März schicken die Ministerpräsidenten der Länder im ersten Durchgang des Bundesrates ihre GSAV-Stellungnahme an die Bundesregierung. Darin dürfte die Frage der Importförderklausel für die Apotheker die zentrale Rolle spielen. Die Mehrheit der Gesundheitspolitiker der Länder will die Klausel abschaffen. Es wäre allerdings nicht das erste Mal, dass die Regierungschefs den Beschlussvorlagen der Gesundheitspolitiker nicht folgen.
Anschließend geht es im Bundestag weiter mit dem Plan B. Nach derzeitiger Planung soll es in der ersten Aprilwoche mit den sogenannten Berichterstattergesprächen zwischen Gesundheitspolitikern der Koalition und dem BMG um die Inhalte des Apothekenpakets gehen. Es gibt viel zu besprechen. Dann sitzt auch die SPD mit am Tisch und muss ihre bisherige Zuschauerrolle aufgeben. Die erste Lesung des GSAV ist für den 5. April vorgesehen. Am 10. April steht im Gesudheitsausschuss die Anhörung zum GSAV auf der Tagesordnung. Irgendwann dazwischen müssen die Änderungsanträge mit dem konkreten Inhalten des Apothekenpakets abgestimmt und formuliert werden. Dann schlägt für die Apotheker die Stunde der Wahrheit.
Nach der politischen Osterpause bleibt dann im Mai noch Zeit für den „politischen Feinschliff“. Am 5. Juni soll das GSAV abschließend im Gesundheitsausschuss beraten werden – die letzte Gelegenheit für Korrekturen. Für den Tag darauf ist die Verabschiedung im Bundestag geplant. Das letzte Wort hat dann der Bundesrat Ende Juni – soweit die Planung.
Ob der Zeitrahmen hält, bleibt abzuwarten. Denn wegen der im GSAV vorgesehenen Regelung zu Änderung der Länderaufsicht über den Arzneimittelmarkt als Folge des Lunapharm-Skandals ist das Gesetz zustimmungspflichtig. Und die politischen Verhältnisse um Bundesrat sind unübersichtlicher denn je. Die Regierungskoalition verfügt dort über keine Mehrheit mehr. Seit der Landtagswahl in NRW gibt es vermutlich in der Länderkammer – anders als bei der Abstimmung im Herbst 2016 – auch keine Mehrheit mehr für ein Rx-Versandverbot. In Düsseldorf sitzt inzwischen die FDP mit am Regierungstisch, in Schleswig-Holstein auch. Und in Hessen haben die Grünen ein gewichtiges Wort mitzusprechen. Wie sich der bunte Farbenmix auf die anstehenden Entscheidungen zur Importförderklausel und zum Apothekenpaket auswirkt, lässt sich nicht abschätzen. Erst recht nicht wenn – wie im Bundesrat üblich – politische Deals zwischen sachfremdem Themen geschlossen werden. Schon jetzt scheint ein Vermittlungsausschus unabwendbar.
Mehr noch: Vielleicht will ja auch die EU-Kommission noch ein Wort mitreden. Zwar sieht das BMG derzeit offenbar keine Notwendigkeit zur Notifizierung von Spans Plan B in Brüssel. Ob die Kommission das aber akzeptiert, bliebt abzuwarten. Schließlich tangiert die geplante Verschiebung des Arzneimittelgesetzes (AMG) ins Sozialgesetzbuch (SGB V) die Kompetenz der Kommission.
Noch völlig offen ist, wie es inhaltlich mit dem Apothekenpaket weitergeht. Knackpunkt sind die von Spahn vorgeschlagenen Rx-Boni von maximal 2,50 Euro für ausländische Versandapotheken. Die ABDA lehnt das ab und die inländischen Versender wollen dagegen vor das Bundesverfassungsgericht ziehen. Dem Vernehmen nach hat Spahn durchblicken lassen, das er bei einem Verzicht auf den Bonus das 375 Millionen Euro schwere Kompensationspaket kürzen will. Der SPD und den Krankenkassen ist der Plan B ohnedies zu teuer. Und in der Unionsfraktion gibt es weiterhin eine nennenswerte Anzahl von Abgeordneten, die Spahns Abkehr vom Rx-Versandverbot nicht ohne Weiteres mittragen wollen. Schließlich haben sie im Wahlkampf viele Unterstützerbriefe dafür geschrieben. Für Spannung ist also gesorgt.
Vielleicht lässt sich Spahn ja schon im März in seine Karten schauen: Für den 23. März hat der Bundesgesundheitsminister seinen Besuch beim Westfälisch-Lippischen Apothekertag in Münster zugesagt. Dort wird auch NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann erklären können, warum er plötzlich wieder das schon totgesagte Rx-Versandverbot auf der Kiste holt. Aller guten Dinge sind drei, sagte der Volksmund: In Münster stattet Spahn innerhalb nur eines halben Jahres den Apothekern den dritten persönlichen Besuch ab. Es wäre an der Zeit, nach Deutschem Apothekertag und ABDA-Mitgliederversammlung das Hin und Her zu beenden.
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