Die große Homöopathie-Debatte ist beim Deutschen Apothekertag (DAT) ausgebleiben, wird außerhalb der Berufsorganisationen munter weiter geführt. Mehrere Pharmazeut:innen versuchen, auf den Willensbildungsprozess in der Bundesapothekerkammer (BAK) einzuwirken – Befürworter wie Kritiker.
Beim DAT waren zwei Anträge zur Homöopathie im Antragsbuch: Einmal ging es um den Titel einer Weiterbildung, einmal um die Erstattungsfähigkeit der Alternativmedizin. Beide Anträge der Apothekerkammer Berlin wurden übersprungen. Die Begründung: In der BAK werde schon grundsätzlich über die Haltung des Berufsstandes diskutiert.
Beide Seiten – Unterstützer und Gegner der Homöopathie – befürchten jetzt aber, dass eine Entscheidung hinter verschlossenen Türen herbeigeführt wird. Homöopathie-Befürworter Dr. Christian Fehske möchte, dass auch Kolleg:innen eingebunden werden, die die Fortbildung absolviert haben und sich täglich mit dem Thema befassen. Er hat gegenüber APOTHEKE ADHOC ausführlich erklärt, warum die Homöopathie aus seiner Sicht in die Apotheke gehört.
Ein Kollege, der namentlich lieber nicht genannt werden möchte, findet dagegen, dass die Homöopathie den Apothekern insgesamt nicht gut zu Gesicht steht. Er hat seine Bedenken gegenüber seiner Apothekerkammer Nordrhein geäußert. Sein Kernargument ist die fehlende Evidenz bei dieser Behandlungsmethode: Die weltweite Datenlage aus Studien und Metastudien zeige, dass die Homöopathie nicht über eventuelle Placeboeffekte hinaus wirke. „Homöopathie freundliche“ Studien hätten in ihrer Methodik dagegen deutliche Mängel.
Der Apotheker fände es daher besser, wenn die Apotheker:innen dem Beispiel der Ärzt:innen folgen und keine offiziellen Fortbildungen mehr anbieten würden. Die Phytopharmazie will er davon explizit ausnehmen und nur die Homöopathie verbannen. Denn letztere sei nicht mit dem naturwissenschaftlichen Studium vereinbar, da sie Naturgesetze nach Belieben anwende.
Es gehe ihm wie anderen naturwissenschaftlich orientierten Kolleg:innen nicht um ein Verbot der homöopathischen Produkte, aber gegen eine offizielle Fortbildung sprechen aus seiner Sicht mehrere Gründe. Denn damit werde unter anderem suggeriert, dass es für jedes Krankheitsbild ein Kügelchen oder eine Verdünnung gebe – auch Kinder würden so früh an Tabletten und Tropfen herangeführt.
Aus seiner Sicht kann „ein eventuell eintretender Placeboeffekt als erste Option kein Therapieansatz sein“. Die Apothekerschaft mache sich mit dem Verkauf dieser Produkte in der Öffentlichkeit angreifbar. Und die Unwissenschaftlichkeit der Methode könne zur ohnehin gewachsenen „Wissenschaftsfeindlichkeit“ beitragen. „Es gibt nun einmal kein Wassergedächtnis und eine Potenzierung ist genauso wenig naturwissenschaftlich möglich.“
Schwierig findet der Pharmazeut auch die Abgrenzung, was die Apotheken noch als homöopathisch „behandelbar“ erachten und was nicht. Die Gefahr einer Verschleppung gravierender Erkrankungen werde mit Unterstützung der Homöopathie wahrscheinlicher. Die Apotheker:innen müssen sich aus seiner Sicht fragen: „Wie wichtig ist uns evidenzbasierte Medizin/Pharmazie?“ Aus seiner Sicht widerspricht sich der Berufsstand, „wenn wir auf der einen Seite EVM propagieren, Medikationsanalysen durchführen oder Salben GMP und evidenzbasiert herstellen, im nächsten Augenblick aber dann UV in LM30 gegen Sonnenbrand abgeben oder aktiv dazu beraten“. Der angestellte Approbierte hofft, dass die Fortbildungsoption wie bei den Ärzt:innen gestrichen wird.
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