Retaxfalle: Rezeptgültigkeit

PKV-Rezept: 3500 Euro Schaden

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Berlin -

Für Privatversicherte ist es ein großer Vorteil, wenn die Apotheke direkt mit der Versicherung abrechnet. Das klappt in der Regel auch problemlos. Nicht so in diesem Fall: Ein Apotheker bleibt jetzt vermutlich auf 3500 Euro sitzen, weil sein Patient ihm nicht mitgeteilt hat, dass er im Basistarif versichert ist. Damit gilt nach Ansicht der Versicherung nicht die dreimonatige Frist für das Privatrezept – vielmehr hätte die Verordnung innerhalb eines Monats eingelöst werden müssen.

PKV-Versicherte müssen normalerweise in Vorleistung gehen und sich die Kosten für ihre Behandlung später von der Versicherung zurückholen. Doch weil gerade in der Arzneimittelversorgung schnell größere Beträge auflaufen, haben verschiedene Anbieter Verträge mit dem Deutschen Apothekerverband (DAV) geschlossen, darunter große Anbieter wie Allianz, AXA, Debeka oder HUK.

Die Hallesche Krankenversicherung zählt noch nicht zu den Vertragspartnern des DAV, aber Apotheker Matthias Mallach aus Buckow hat einen Einzelvertrag über die Direktabrechnung mit der Halleschen geschlossen. Doch neulich teilte ihm die Versicherung mit, dass sie eine Rechnung über 3500 Euro nicht bezahlen würde, ein Grund wurde Mallach auch auf Nachfrage nicht genannt – angeblich aus Datenschutzgründen.

Natürlich ließ der Inhaber der Post-Apotheke nicht locker, immerhin hatte er schon für seinen Vertrag eine Schweigepflichtentbindung von dem Versicherten bei der Halleschen vorgelegt. Und schließlich teilte man ihm den Grund doch mit: Der Versicherte hatte im August ein Rezept aus dem Juni eingereicht. Da er jedoch im Basistarif versichert ist, hätte er das Rezept innerhalb eines Monats einlösen müssen.

Hintergrund der gefühlten Nullretax ist, dass Versicherte im brancheneinheitlichen Basistarif der PKV mit gesetzlich Versicherten gleichgestellt sind. „Der Basistarif ist ein gesetzlich definiertes Produkt, das nach Art, Umfang und Höhe mit den Leistungen der GKV vergleichbar sein muss. Aus diesem Grund erstatten wir – wie die GKV – Rezepte im tariflichen Umfang für Versicherte im Basistarif nur, sofern sie von einem Vertragsarzt verordnet und die Medikamente innerhalb eines Monats nach Ausstellung der Verordnung aus der Apotheke (auch Internet- und Versandapotheke) bezogen worden sind“, erklärt eine Sprecherin gegenüber APOTHEKE ADHOC.

Die unmissverständliche Aussage der Versicherung: „Ein Versicherter im Basistarif der Hallesche muss deshalb ein Rezept innerhalb von einem Monat nach Verordnung in einer Apotheke einlösen.“ Und: „Gleiches gilt für den Fall einer Direktabrechnung durch eine Apotheke mit der Hallesche Krankenversicherung.“ Mit anderen Worten: Der Apotheker bleibt auf den Kosten sitzen, die Versicherung zahlt auch aus Kulanz nicht. Dabei handelt es sich nicht um eine Besonderheit der Halleschen: Ein Sprecher des PKV-Verbands verwies auf Nachfrage ebenfalls auf die bundesweit einheitliche Regelung zum Basistarif.

Das Problem: Ohne Hinweis des Versicherten ist dessen Status für den Apotheker nicht ersichtlich. Selbst über einen Tarifwechsel wird er nicht informiert. Apotheker Mallach will sich künftig den Versicherungsvertrag vorlegen lassen, bevor er die Direktabrechnung akzeptiert. Und für „Basistarifler“ will er sie womöglich gar nicht mehr anbieten.

Von dem Versicherten wird Mallach die 3500 Euro kaum zurückbekommen, denn der ist nicht ohne Grund im Basisvertrag. Und auch dessen Haftpflichtversicherung wird wohl nicht einspringen können, wie Versicherungsexperte Michael Jeinsen erklärt: Weil diese spezielle Form der „Pseudo-Retax“ in der PKV gesetzlich nicht vorgesehen sei, gebe es de jure auch keinen Schaden. „Also kann keine Versicherung dafür leisten – auch nicht Kulanz –, weil es keinen formalen Schaden gibt, auf den man sich berufen könnte.“ Umso wichtiger sei es, Apotheker auf diese Gefahr hinzuweisen. Das tun Jeinsen und seine Mitstreiter bei der Denphamed, einem Netzwerk aus Dienstleistern für verschiedene Fragestellungen von Apothekern, Ärzten und Zahnärzten. Zum Angebot zählen unter anderem Apothekenvermittlung und Nachfolgersuche, betriebswirtschaftliche Beratung, Versicherung und Innenausbau.

Ralf Kellner etwa ist QM- und Rezeptabrechungs-Experte bei der Denphamed. Er empfiehlt Apothekern, Privatrezepte grundsätzlich so zu behandeln wie GKV-Rezepte. „Das heißt, dass jedwede Rezeptprüfung, die bei den GKV-Rezepten zwingend angewendet werden muss, im Rahmen der Rezeptkontrolle mit Vier-Augen-Prinzip auch bei den PKV-Rezepten zur Anwendung kommen sollte.“

Im Rahmen des QMS wäre es aus seiner Sicht zudem sinnvoll, für die Rezeptkontrolle eine gesonderte Verfahrensanweisung zu erstellen. Neben der Prüfung Rezeptfehler sollte die Apotheke checken, ob eine Abtretung seitens des Patienten vorliegt. Verweigert die Versicherung die Zahlung, sollte unbedingt geprüft werden, ob eine Rechtsschutzversicherung die anfallenden Anwaltskosten übernimmt. Denn letztlich kann die Apotheke den Versicherten in die Pflicht nehmen, wenn dieser sein Rezept zu spät eingelöst hat.

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