Videosprechstunde in Hessen

Pilot gestartet: E-Rezept mit 100 Apotheken

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Berlin -

Im Ärztlichen Bereitschaftsdienst (ÄBD) der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen (KVH) haben Patienten ab sofort die Möglichkeit, eine Videosprechstunde zu nutzen und bei Bedarf ein elektronisches Rezept (E-Rezept) zu erhalten. Die KVH bietet den Service im Rahmen eines Pilotprojekts gemeinsam mit dem Hessischen Apothekerverband (HAV), der AOK Hessen, der DAK-Gesundheit und der Techniker Krankenkasse (TK) an. Für die technische Entwicklung des Projekts zeichnet der Abrechnungs- und IT-Dienstleister Optica verantwortlich. Rund 100 Apotheken machen mit.

Digitale Sprechstunde und E-Rezept sind aus Sicht der Partner vor allem für die Patienten ein Komfortgewinn: Sie sparten sich den Weg in die Bereitschaftsdienstzentrale und mögliche Wartezeiten – gerade in Zeiten des Coronavirus ein Mehrwert. Die Videosprechstunde per Computer, Smartphone oder Tablet sei zudem außerhalb der regulären Praxisöffnungszeiten eine Alternative zum Ärztlichen Bereitschaftsdienst. Voraussetzung für die Durchführung einer Videosprechstunde ist, dass die Krankheitszeichen eine Diagnose per Videotelefonie zulassen. Das gelte insbesondere für Erkältungskrankheiten, Hautausschläge oder andere einfach per Bildschirm zu diagnostizierende Krankheiten.

Wer die Videosprechstunde nutzen möchte, muss sich zunächst für den Service registrieren. Interessierte müssen volljährig und in medizinischen Angelegenheiten voll geschäftsfähig sein. Patienten, die sich für die Videosprechstunde entscheiden, können darüber hinaus – falls notwendig – ein elektronisches Rezept bekommen. Dieses kann man im E-Rezept-Portal „More“ (Mein Online-Rezept) verwalten.

So könnten Patienten ihre Rezepte bequem online an eine nahegelegene Apotheke weiterleiten und die Arzneimittel anschließend dort abholen, teilen die Partner mit. Seien Arzneimittel nicht vorrätig, bekämen die Patienten eine entsprechende Information und gingen entweder erst dann in die Apotheke, wenn das Arzneimittel verfügbar sei, oder vergäben das Rezept an eine andere Apotheke. Doppelte Wege in die Apotheke gehörten damit der Vergangenheit an.

Auch für das E-Rezept ist zunächst eine Registrierung notwendig. Diese sei im Rahmen des Registrierungsprozesses für die Videosprechstunde möglich. Für das E-Rezept müssten die Patienten entweder bei einer der teilnehmenden Kassen versichert sein. Das E-Rezept startet zunächst im Rhein-Main-Gebiet und soll sukzessive in ganz Hessen ausgerollt werden.

Apotheken, die am Pilotprojekt teilnehmen wollen, müssen sich einmalig im eVerordnungsportal registrieren – Informationen hierzu gibt es beim HAV.

„Unser primäres Ziel ist es, die ärztliche Versorgung in Hessen flächendeckend und langfristig zu sichern. Dies wird realistisch nur dann funktionieren, wenn wir mit dem frühzeitigen Ausbau der telemedizinischen Möglichkeiten schon heute die Weichen für die Zukunft stellen. Mit dem Modellprojekt machen wir einen wichtigen Schritt für die Versorgung von morgen und verringern durch die Reduzierung persönlicher Kontakte bereits heute das Risiko einer Infektion mit dem Coronavirus für die Patientinnen und Patienten und für das ärztliche und nichtärztliche Personal in den ÄBD-Zentralen“, erklärt Frank Dastych, Vorstandsvorsitzender der KVH. Holger Seyfarth, Apotheker und HAV-Vorsitzender, erklärt, warum auch der HAV mit dabei ist: „Nur mit Apotheken, die E-Rezepte empfangen und verarbeiten können, bieten Videosprechstunden den Patienten einen echten Mehrwert. Für uns ist das Projekt daher eine logische Weiterentwicklung unseres bestehenden Angebots.“

Die beteiligten Krankenkassen – die AOK Hessen, DAK und TK in Hessen – sind ebenfalls von dem Projekt überzeugt: „Wir wollen die neuen technologischen Möglichkeiten für die Optimierung des Gesundheitssystems nutzen – mit verbesserten Bedingungen für alle Akteure, aber vor allem mit dem Patienten im Blick“, erläutert Detlef Lamm, Vorstandsvorsitzender der AOK Hessen. Und Sötkin Geitner, Leiterin der Landesvertretung Hessen der DAK, ergänzt: „Das E-Rezept für Hessen hilft die Qualität in der Gesundheitsversorgung für die Patienten zu verbessern.“

Dr. Barbara Voß, Leiterin der TK-Landesvertretung in Hessen sagt: „Dass Patienten dank der digitalen Lösungen auf direkte Kontakte im Ärztlichen Bereitschaftsdienst und in der Apotheke verzichten können, ist gerade jetzt besonders hilfreich.“ „Mit dem eVerordnungs-Portal „More“ haben wir eine Lösung entwickelt, die den Patienten in den Mittelpunkt stellt und nicht den Anspruch hat, den heutigen Papierprozess nachzubauen. Viel mehr ermöglichen wir eine weitere Automatisierung und Optimierung der Prozesse“, so Dr. Jochen Pfänder, Geschäftsführer von Optica.

Nach der Devise „von den Besten lernen“ orientiere sich das Projekt an Estland, dem digitalen Vorreiter in Europa, so die KV Hessen. Das baltische Land habe seine gesamte Verwaltung bereits auf digital umgestellt. Diese basiere auf einer FHIR-Plattform und der Verbindungstechnologie X-Road, einem komplexen System aus Infrastruktur, Standards und Programmen für den sicheren Austausch zwischen dezentralen Datenbanken. Auf dieser bereits in der Praxis bewährten Grundlage setze das Projekt technisch auf. Das nötige Spezialwissen steuert – als einer der Projektpartner – das estnische IT-Systemhaus Nortal bei.

 

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