Das Notfallkontrazeptivum EllaOne (Ulipristal) wird es ab dem 15. März ohne Rezept geben: Der Hersteller HRA Pharma hat sich mit dem Bundesgesundheitsministerium (BMG) darauf verständigt, die neuen OTC-Packungen erst zu diesem Zeitpunkt auf den Markt zu bringen. Bis dahin wird die Arzneimittelverschreibungsverordnung (AMVV) angepasst sein. Die Umstellung wird damit zu einem Stichtag der Apotheken-Software erfolgen.
Die EU-Kommission hatte EllaOne am 7. Januar aus der Rezeptpflicht entlassen. Zwei Tage später wurde der Beschluss im Arzneimittelregister der EU veröffentlicht und war damit rechtskräftig. Für deutsche Apotheker stellte sich seitdem die Frage, ob sie das Präparat bereits ohne Rezept abgeben dürfen oder die Änderung der AMVV abwarten müssen.
Für Levonorgestrel muss die AMVV definitiv für einen OTC-Switch geändert werden. Bei EllaOne war die Rechtslage dagegen nicht eindeutig, auch das BMG hatte hierzu keine klare Position bezogen. Mit dem Hersteller HRA Pharma hatte sich das Ministerium nach eigenen Angaben über den OTC-Switch ausgetauscht.
Jetzt gibt es eine Einigung – und der Markteintritt der rezeptfreien „Pille danach“ verschiebt sich noch einmal: Man habe sich mit dem BMG darauf geeinigt, dass das OTC-Präparat am 15. März auf den Markt komme, bestätigt HRA-Deutschlandchef Klaus Czort auf Nachfrage. Bis dahin soll die Änderung der AMVV durch den Bundesrat und die Packung entsprechend umgestellt sein.
Die Länderkammer wird die „Pille danach“ am 6. März besprechen, die Verkündung im Bundesgesetzblatt ist spätestens bis zum 13. März geplant. Da HRA mit entsprechendem Vorlauf an die IFA melden kann, wird der OTC-Switch auch vom ersten Tag an korrekt in der Apotheken-EDV angezeigt werden. Darum hatten die Apotheker im Stellungnahmeverfahren gebeten.
Das BMG hatte am 14. Januar einen Verordnungsentwurf zur Änderung der AMVV vorgelegt, über den im nächsten Schritt der Bundesrat entscheidet. Demnach sollen der Wirkstoff Levonorgestrel und das Präparat EllaOne aus der Rezeptpflicht entlassen werden.
Die gewonnene Zeit soll genutzt werden, um den OTC-Switch vorzubereiten. So muss beispielsweise noch geklärt werden, ob und welche Beratungsauflagen Apotheker erfüllen müssen und wie die Kostenerstattung für Frauen unter 20 Jahren geregelt werden kann. Zumindest letzteres ist dem Vernehmen nach entschieden. Frauen unter 20 Jahren sollen das Präparat weiterhin auf Rezept erhalten können – in diesem Fall sollen die Krankenkassen die Kosten für das Arzneimittel erstatten. Laut BMG soll eine entsprechende Regelung kurzfristig im laufenden Gesetzgebungsverfahren umgesetzt werden.
Einen entsprechenden Gesetzentwurf, der heute im Bundestag in erster Lesung diskutiert wird, hat die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen vorgelegt. Die Oppositionspartei greift darin den Verordnungsentwurf des BMG auf und ergänzt ihn um eine Änderung des Sozialgesetzbuchs (SGB V). Demnach soll der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) auf der OTC-Ausnahmeliste künftig auch Arzneimittel festlegen, die bei der Notfallkontrazeption als Therapiestandard gelten.
In ihrem Gesetzentwurf weisen die Grünen außerdem darauf hin, dass Apotheker zur Beratung verpflichtet seien – diese aber von den Kunden nicht angenommen werden müsse. Daher spricht sich die Fraktion dafür aus, eine „Entscheidungshilfe“ zu erstellen. Diese soll einerseits Apotheker bei der Beratung unterstützen, und andererseits der Frau ausgehändigt werden, wenn diese die Beratung ablehnt.
Im Zuge der Beratung soll ein nicht erforderlicher Einsatz der „Pille danach“ vermieden werden. Außerdem sollen die Frauen auf weitere Möglichkeiten zur Verhütungsberatung hingewiesen werden, sowie – falls Hinweise auf Gewalt vorliegen – auf Anlaufstellen zur medizinischen Versorgung, anonymen Beweissicherung und die rechtlichen Regelungen einer Anzeige.
Nach der Entscheidung der EU-Kommission hatte es Unklarheiten bezüglich EllaOne gegeben. HRA vertrat die Auffassung, dass die Entscheidung aus Brüssel unmittelbar für alle Mitgliedstaaten gilt, auch ohne eine Änderung in der AMVV. Diese Einschätzung teilte der Zulassungsexperte Dr. Ulrich Granzer, aus dessen Sicht eine nationale Implementierung nicht notwendig ist. Die ABDA sah es anders und erklärte, die Änderung der AMVV müsse abgewartet werden.
Eigentlich wollte der Hersteller EllaOne möglichst schnell auf den Markt bringen. Mit dem Regierungspräsidium Arnsberg (RP) hatte der Hersteller sogar schon vereinbart, dass die im Markt befindlichen Rx-Packungen ausnahmsweise als OTC abgegeben werden dürfen. An dieser Stelle wurde HRA allerdings zum ersten Mal ausgebremst: Knapp eine Woche nach der EU-Freigabe entschied die Aufsicht jedoch, dass der Hersteller erst die Packungsbeilage anpassen müsse, weil die notwendigen Änderungen zu erheblich seien.
Daraufhin strebte HRA an, das Präparat zum 15. Februar als OTC-Produkt auf den Markt und gleichzeitig in die Software zu bringen. Die Empfehlung des Herstellers an die Apotheker lautete seitdem, das Präparat „gemäß Kennzeichnung“ abzugeben. Das RP hatte darauf hingewiesen, nur über die Verkehrsfähigkeit der Packung entscheiden zu können.
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