Die Bewertung des Plans B von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) ist möglicherweise auch eine Generationenfrage. Anders als die meisten Standesorganisation der Apotheker haben die Pharmaziestudierenden weder Probleme mit dem Rx-Versandhandel noch mit dem Deckel für Rx-Boni. Im Gegenteil: Der Bundesverband der Pharmaziestudierenden in Deutschland (BPhD) stellt sich hinter Spahns Acht-Punkte-Plan. Von den ABDA-Honoratioren fordert der BPhD Mut zum Wandel.
Die AG Gesundheitspolitik des BPhD kommt zu einem insgesamt positiven Urteil: „Im Wesentlichen begrüßen wir die Vorschläge des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG)“, heißt es in einer Erklärung. Insbesondere der Aufbruch in die Vergütung pharmazeutischer Dienstleistungen stelle „eine dringend notwendige Neuausrichtung des Apothekerberufs dar“. Auch wenn das zunächst vorgeschlagene Volumen nur einen geringen Anteil am Umsatz der Apotheken ausmache, „sehen wir hier die Chance auf einen Einstieg in zukunftsweisende und langfristig tragfähige Vergütungssysteme“.
Insbesondere die Sanktionierung des Nichtabschlusses von Verträgen mit der Apothekerschaft stärke die Verhandlungsposition der Apotheker gegenüber den Krankenkassen und ermögliche es dem gesamten Berufsstand, an der Neuausrichtung teilzuhaben. „Auch in der angestrebten gesetzlichen Stärkung der freien Apothekenwahl sehen wir eine Chance, auch kleinen wirtschaftlichen Einheiten wie der inhabergeführten Apotheke weiterhin ein Fortbestehen am Markt zu sichern und eine lückenlose Versorgungsstruktur weiter gewährleisten zu können“, so die Pharmaziestudierenden.
Die Erhöhung des Beitrags für den Nacht- und Notdienstfonds sieht der BPhD ebenfalls positiv: So könnten Apotheken in strukturschwachen Regionen stärker für ihren wichtigen Einsatz für die wohnortnahe Notfallversorgung vergütet werden. Gleichzeitig müsse aber allen bewusst sein, dass diese Maßnahme allein nicht dazu geeignet sei, das Sterben von Apotheken in wirtschaftlich und strukturell schwachen Regionen aufzuhalten. „Wir sind überzeugt, dass nur eine konzertierte Aufwertung und Stärkung solcher Regionen einen signifikanten Einfluss auf diesen Strukturwandel hätte“, so die Einschätzung.
Die Absichtserklärung des BMG, höhere Standards für den Arzneimittelversand zu formulieren und durchzusetzen, stellt für die Pharmaziestudierenden eine „längst überfällige und äußerst wichtige Maßnahme im Sinne der Arzneimittelsicherheit dar“. Den Versandhandel stellt der Nachwuchs nicht in Frage, denn dieser könne „für bestimmte Patientengruppen eine sinnvolle Ergänzung zur bestehenden Arzneimittelversorgung darstellen, allerdings nur, wenn er den gewohnt hohen Ansprüchen an die Arzneimittelqualität gerecht wird“. Die Abgabe von Arzneimitteln über nicht gesicherte Lieferketten stelle allerdings eine Gefahr für den Patienten dar und sei daher zu unterbinden.
Ein Verbot des Rx-Versandhandels sei aber „keine zukunftsweisende Strategie“. Versandapotheken könnten ein wichtiges Zusatzangebot in der Versorgung darstellen. „Allerdings sehen wir keine Notwendigkeit für das Gewähren von Boni im Versandhandel, da Versandapotheken auch über die bequeme Belieferung an die Haustür oder spezielle Patientenprogramme mit den Vor-Ort-Apotheken in Konkurrenz treten können und darüber hinaus wichtige Aufgaben für die Allgemeinheit wie die Nacht- und Not-Dienste nicht übernehmen.“
Die einseitige Erlaubnis für das Gewähren von Boni sei eine unnötige Bevorteilung von ausländischen Versendern gegenüber deutschen Versendern oder Vor-Ort-Apotheken. Eine Begrenzung der Boni auf 2,50 Euro sei daher ein Schritt in die richtige Richtung, auch ein System ganz ohne Boni sei zu bevorzugen. Allerdings hat auch der pharmazeutische Nachwuchs Bedenken, dass die Deckelung der Boni sowie deren Reevaluation bei einem Anteil des Versandhandels am Gesamtumsatz von 5 Prozent rechtssicher umgesetzt werden können. „Insgesamt sehen wir in den Vorschlägen des Gesundheitsministeriums eine interessante Verhandlungsgrundlage mit vielen richtigen Ansätzen. Es ist uns ein besonderes Anliegen zu betonen, dass mit den Verhandlungen der nächsten Wochen wichtige Grundlagen für die Weiterentwicklung des Berufsbildes des Apothekers gelegt werden können“, so der BPhD.
Dem Beruf des Apothekers stehe ein grundlegender und unausweichlicher Wandel bevor, der sich vor allem auf das berufliche Leben des pharmazeutischen Nachwuchses auswirken werde. In dieser Situation bedürfe es mutiger Schritte der älteren Generationen, „die jetzt in den entscheidenden Positionen sitzt“. Sie müsse alles daran setzen, diese Entwicklung frühzeitig mitzugestalten und den nachfolgenden Generationen optimale Startbedingungen zu ermöglichen: „Entweder wir gestalten den Wandel, oder wir erleiden ihn.“
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