Pharmazieräte einigen sich auf Plattform-Regeln APOTHEKE ADHOC, 12.11.2019 18:28 Uhr
Die Arbeitsgemeinschaft Deutscher Pharmazieräte (APD) hat sich mit den Zukunftsfragen der Branche befasst: Auf ihrer Jahrestagung in Kassel hat sie eine Reihe von Resolutionen verabschiedet, in denen sie Leitplanken für die zukünftige Gestaltung des Apothekenmarktes aufgestellt hat. Ihre Ansichten sind dabei im reinen Wortsinne konservativ: Bei der künftigen Regulierung solle darauf geachtet werden, bisherige Werte zu erhalten. Das gelte auch für die wohl unausweichliche Etablierung von Plattformen im Apothekenbusiness.
Plattformen sind in aller Munde, langsam setzt sich die Einsicht durch, dass wohl auch für Apotheken kein Weg daran vorbeigehen wird, sich den neuen Verbrauchererwartungen in Sachen Convenience zu beugen. Die Pharmazieräte haben sich nun in einer einstimmig verabschiedeten Resolution dafür ausgesprochen, dass das Apothekenrecht dafür aber nicht gebeugt werden dürfe. „Die Ausgestaltung und das Betreiben digitaler Plattformen dürfen den rechtlichen Vorschriften, die die Apotheke betreffen, nicht entgegenstehen“, heißt es in dem Papier von ihrer 67. Jahrestagung.
Dabei müsse insbesondere gewährleistet werden, dass keine Leistungserbringer bevorzugt werden und dass die Plattformen ohne Zugangsbeschränkungen für alle Apotheker offen sind. Zuweisung, Steuerung und Lenkung sowie das Makeln von Rezepten oder Bestellungen dürfe es nicht geben. Auch die freie und unbeeinflusste Auswahl der Apotheke durch den Kunden müsse weiter gewährleistet werden.
Auf der Jahrestagung hatte Florian Giermann von Noventi den Pharmazieräten und Amtsapothekern das Konzept von Plattformen erklärt und ihnen ins Gewissen geredet: Auch sie müssten sich bei Einführung des E-Rezeptes mit Plattformen beschäftigen, sie selbst anbieten oder deren Angebote nutzen. Zwar stehen derzeit mehrere Anbieter in den Startlöchern, doch langfristig werde sich nur eine Plattform durchsetzen. Die versammelten Pharmazieräte ließen es sich bei der Gelegenheit nicht nehmen, einen Wunsch zu äußern: Eine gemeinsame Plattform solle nur unter Beteiligung der gesamten Apothekerschaft und unter deren Kontrolle entstehen. Einen besonderen Wert legten die Pharmazieräte auch auf die juristischen Fallstricke der Digitalisierung der Branche. So sei es beispielsweise mit der neuen Botendienstregelung als eigenständige Regelversorgung möglich, kontaktfrei verschreibungspflichtige Arzneimittel zu beziehen, sowohl im Versandhandel oder durch Pick-up-Stellen. Parallel werde die Telepharmazie als Beratungskanal etabliert.
Aber auch Multichannel-Lösungen seien auf dem Vormarsch, beispielsweise die Kombination aus Versandhandel und Zustellung durch eine kooperierende und mithaftende Präsenzapotheke wie es DocMorris in Spanien praktiziert. „All das berge große judikative Risiken, die die derzeitige Präsenz-Apotheke in den Grundfesten erschüttern könne“, zitiert die APD Lutz Tisch, Geschäftsführer der Rechtsabteilung der ABDA. Eine dieser Grundfesten ist die schiere Rolle des Apothekers bei der Arzneimittelabgabe. Es müsse gewährleistet werden, dass sich dessen Rolle nicht verändere – übrigens auch gegenüber den PTA in seinem Betrieb. „Die PTA darf nach Auffassung der APD in allen, einschließlich externen, Betriebsräumen der Apotheke nur unter der Aufsicht eines persönlich anwesenden Apothekers arbeiten“, lautet eine der verabschiedeten Resolutionen.
Präzise werden die Pharmazieräte auch beim Thema Temperaturkontrollen: Es sei erforderlich, dass Ausmaß und Zeitspanne der Abweichungen von vorgeschriebenen Lagertemperaturen festgestellt und aufgezeichnet werden. Zur Überwachung der Lagertemperaturen entsprechen nach Auffassung der APD kalibrierte Datenlogger, möglichst webbasiert, dem aktuellen Stand von Wissenschaft und Technik. Das gelte auch für den Botendienst. Eine Überwachungslücke haben die Pharmazieräte auch bei den sogenannten Grenzapotheken in den Niederlanden ausgemacht, die die Bundesregierung bisher nicht überwacht, obwohl sie könnte. „Die APD fordert die Bundesregierung auf, dafür zu sorgen, dass auch diese Versandapotheken in die Überwachung mit einbezogen werden, um die Arzneimittelsicherheit und den Verbraucherschutz zu gewährleisten“, so eine der Resolutionen.
Besondere Bedeutung messen die Pharmazieräte jedoch der Rolle des Apothekers bei der Arzneimittelsicherheit bei. Die ordnungsgemäße Versorgung setze die Abgabe von Arzneimitteln aus den öffentlichen Apotheken durch pharmazeutisches Personal unter Verantwortung eines approbierten Apothekers zwingend voraus. „Jegliche Gesetzgebung muss diese Forderungen berücksichtigen“, so die Resolution. „Die Arzneimittelsicherheit darf nicht Convenience-Überlegungen geopfert werden.