Pharmapolitik: Habeck vs. Lauterbach Patrick Hollstein, 23.11.2023 11:17 Uhr
Mit dem Chaos um den Haushalt zeichnet sich ab, dass Investitionen gestrichen und Kosten eingespart werden müssen. Mehr Geld wird also für Arzneimittel erst recht nicht zur Verfügung stehen. Zusätzliche Ausgaben im Kampf gegen Engpässe müssen also wohl von den Herstellern selbst kommen, wie Thomas Müller, zuständiger Abteilungsleiter im Bundesgesundheitsministerium (BMG) bei einer Diskussion von Pro Generika erklärte.
Während Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) vor allem die forschenden Pharmafirmen im Blick hat, muss Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) die Daumenschrauben bei den Generikafirmen vorsichtig lockern. Ein Jahr nach Bekanntgabe der Eckpunkte hat sich diesbezüglich allerdings noch nicht viel getan, wie Josip Mestrovic von Zentiva bei der Talkrunde kritisierte. Die Maßnahmen bei Kinderarzneimitteln beträfen gerade einmal 1 Prozent des Marktes.
Das wollte Müller nicht auf sich sitzen lassen: Man müsse doch verstehen, dass die Politik hier vorsichtig sei und die Auswirkungen der Maßnahmen zunächst evaluieren wolle. Das Engpassgesetz (ALBVVG) sei nur ein erster Schritt und im Übrigen auch nicht geeignet, alle Probleme über Nacht zu lösen. Weitere Maßnahmen werde man auf dem Pharmagipfel im Bundeskanzleramt am 30. November besprechen.
Allerdings deutete er an, dass man an einer Umverteilung der Kosten im Arzneimittelbereich arbeite: So versuche man, die Kosten bei patentgeschützten Arzneimitteln zu senken, um mehr Geld in den Bereich der Generika investieren zu können. Bevor sich aber jemand falsche Hoffnungen mache: Keinesfalls würden die Preisvorschriften so weit gelockert, dass man von einem hochpreisigen Segment sprechen könne.
Eine Umverteilung widerspricht allerdings der Position des Wirtschaftsministers: Habeck sieht die Originalhersteller als Schlüsselbranche für den Wirtschafts- und Wissenschaftsstandort Deutschland – und die wolle er nicht mit Subventionen locken, sondern mit einem möglichst freien Marktzugang, versicherte er ihnen im Mai. Er entschuldigte sich bei ihnen sogar für das Spargesetz. Jetzt sind seine Spielräume allerdings noch enger geworden.
Schon im Frühjahr hatte Paula Piechotta (Grüne) bei Pro Generika angekündigt, dass es auf eine Umverteilung hinauslaufen werde: Als Haushaltspolitikerin könne sie sagen, dass kein Puffer für die Pharmaindustrie zur Verfügung stehe: Nur Maßnahmen, die solide gegenfinanziert seien, kämen überhaupt in Betracht. Auf Steuermittel brauche man nicht zu hoffen, war schon damals ihre Botschaft – weit vor dem Haushaltscrash der Ampel. Allenfalls eine Umschichtung sei denkbar, so Piechotta: Pro Generika könne ja mal mit dem Verband der forschenden Pharmaunternehmen (VfA) sprechen.
Dass beim Pharmagipfel etwas erreicht wird, ist mittlerweile ziemlich zweifelhaft. Nicht nur, dass die Haushaltslage jetzt extrem angespannt ist, läuft auch noch das GKV-Finanzstabilisierungsgesetz (GKV-FinStG) aus. Auch hier droht Hauen und Stechen.