Hersteller unterstützen Rx-Versandverbot APOTHEKE ADHOC, 16.03.2017 12:27 Uhr
Für das Rx-Versandverbot kommt Unterstützung von der Pharmaindustrie: Dies sei eine wichtige Maßnahme, um dem „erheblichen Wettbewerbsnachteil“ deutscher Apotheken gegenüber ausländischen Versandapotheken zeitnah wirksam zu begegnen, schreibt der Bundesverband der Arzneimittel-Hersteller (BAH) in einer Stellungnahme.
Der BAH setzt sich nach eigenem Bekunden seit jeher für die inhabergeführte Vor-Ort-Apotheke zum Erhalt einer flächendeckenden, wohnortnahen und nachhaltigen Patientenversorgung ein. Nach der EuGH-Entscheidung sei diese „massiv gefährdet“.
Die Inländerdiskriminierung zu Lasten der Vor-Ort-Apotheken werde „die schwierige Versorgungssituation insbesondere in ländlichen Gebieten, aber auch in stadtrandnahen Regionen der Ballungsräume weiter verschärfen, da die Apotheken vor Ort aufgrund der Preisbindung nicht durch Rabatt- oder Bonigewährung mit den ausländischen Versandapotheken konkurrieren können“, so der BAH.
Der einheitliche Apothekenabgabepreis sei eine der maßgebenden Säulen der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV). „Viele, wenn nicht alle sozialrechtlichen Instrumentarien der Preisbildung fußen auf dem einheitlichen Apothekenabgabepreis.“ Als Beispiele nennt der BAH die Festbetragsregelung, die Abschläge und die Rabattverträge. Eine Vielzahl dieser Regelungen gelte obendrein auch für die Private Krankenversicherung (PKV). „Insofern werden durch die Entscheidung des EuGH grundsätzliche Fragen im Hinblick auf die Ausgestaltung des deutschen Krankenversicherungssystems aufgeworfen. Selbst eine nur teilweise Lockerung der Arzneimittelpreisbindung hätte erhebliche Konsequenzen und somit eine umfassende Überarbeitung des Sozialrechts zur Folge.“
Das in Deutschland bestehende solidarisch finanzierte System der Gesundheitsversorgung beruhe auf dem Sachleistungsprinzip, bei dem Patienten Anspruch auf das verschriebene Arzneimittel hätten, so der BAH. Zusätzliche Boni in Form von Bargeld oder Gutscheinen seien nicht sachgerecht und leisteten einer zunehmenden Trivialisierung des Arzneimittels Vorschub.
Das Rx-Versandverbot sei daher eine notwendige Maßnahme, um den negativen Auswirkungen des EuGH-Urteils „zeitnah und nachhaltig zu begegnen“. Es widerspreche auch nicht den Bedürfnisnissen der Patienten. „Vielmehr gefährdet die derzeit gültige Rechtslage die flächendeckende und wohnortnahe Arzneimittelversorgung und missachtet damit den Patientenwunsch nach einer fachkundigen Beratung im persönlichen Gespräch in der Apotheke vor Ort“, so der BAH mit Verweis auf Umfrageergebnisse seines Gesundheitsmonitors.
Der mitgliederstärkste Pharmaverband begrüßt den gesetzgeberischen Vorschlag, der richtigerweise durch rechtssichere Ausgestaltung des Botendienstes der Apotheke flankiert werde. „Dies kann grundsätzlich zu einer Verbesserung der Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln beitragen.“
Allerdings sei es unerlässlich, nach dieser „Sofortmaßnahme“ Vorschläge zu erarbeiten, wie auch in Zukunft eine flächendeckende und wohnortnahe Versorgung mit Arzneimitteln sichergestellt werden könne, so Vorstandschef Jörg Wieczorek. „Zu denken ist insbesondere daran, den Stellenwert der Apotheker im kollektivvertraglich geregelten Gesundheitssystem zu stärken, den Apotheken mehr Kompetenzen zu übertragen und die persönlich in der Apotheke vor Ort erbrachten Leistungen verstärkt zu honorieren.“
Auch der Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie (BPI) hat Position bezogen, der Verband Forschender Arzneimittelhersteller (VFA) enthält sich. Von den Verbänden der Krankenkassen – etwa dem BKK-Dachverband – kommt Rückendeckung für die Versandapotheken.
Erst vor Kurzem hatte sich der Großhandelsverband Phagro hinter die Apotheken gestellt und das Rx-Versandverbot in einer Stellungnahme unterstützt. Patienten müssten sich darauf verlassen können, dass ein Arzneimittel exakt die Qualität, Wirksamkeit und Sicherheit behalte, die für ihre Behandlung nötig seien, unterstrich der Phagro. Voraussetzung dafür seien höchste Standards – nicht nur in der Produktion, sondern auch beim Transport. Angesichts fehlender Vorgaben zur Good Distribution Practice (GDP) seien Patienten im Versandhandel „unüberschaubaren Risiken“ ausgesetzt. Der Referentenentwurf des Bundesgesundheitsministeriums (BMG) stelle „klar den Patientenschutz in den Vordergrund“ und stärke „die Qualität und Zuverlässigkeit der etablierten Lieferkette für sichere Arzneimittel“.