Der Gesundheitsausschuss des Bundesrates hat sich am vergangenen Mittwoch nicht nur mit großer Mehrheit für ein Rx-Versandverbot ausgesprochen. Die Ländergesundheitsminister haben zudem Empfehlungen für die weitere Beratung des Arzneimittel-Versorgungsstärkungsgesetzes (AM-VSG) abgegeben. Es geht um Änderungen im Detail; mit der großen Linie des Pharmadialoggesetzes sind sie einverstanden. Gefordert wird die Abschaffung der Importquote.
Der Arzneimittelmarkt sei durch eine Vielzahl an Regulierungselementen geprägt, die sich teilweise überschnitten, so die Ressortschefs aus den Ländern. „Die Importförderklausel stellt seit dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Neuordnung des Arzneimittelmarktes (AMNOG) eine nicht mehr erforderliche Doppelregulierung dar.“ Bis zum Jahr 2011 sei die Importförderklausel de facto das einzige Instrument zur Preisregulierung des patentgeschützten Marktes gewesen. Aber: „Mit Einführung des Verfahrens der Nutzenbewertung und Preisbildung von neuen Arzneimitteln ist sie überflüssig geworden.“
Ein paar Anmerkungen machte der Gesundheitsausschuss zum AMNOG-Verfahren: Die Länder wünschen sich eine „Clearingstelle“ nach internationalem Vorbild. Diese soll den Auftrag erhalten, in Streitfällen bei der Nutzenbewertung „möglichst unbürokratisch und einvernehmlich“ schlichten. Bei das Schaffung des neuen Arztinformationssystems über die Nutzenbewertung soll darauf geachtet werden, dass die Infos neutral und stets auf aktuellem Stand sind. Dazu sollen „die Dialogpartner“, also auch Vertreter der Hersteller, bei der Erarbeitung des entsprechenden Konzeptes beteiligt werden. „Ein Konsultationsprozess ist angesichts der erheblichen Tragweite der Arztinformation geboten“, so die Gesundheitsminister.
Um Lieferengpässen entgegenzuwirken, sollen Rabattverträge, „soweit möglich“, pro Los mit mehr als einem Hersteller abgeschlossen werden. Durch die rechtlich zwingende Mehrfachvergabe werde damit sichergestellt, dass mehrere Hersteller ein bestimmtes Präparat produzierten, vorhielten und auch in die Versorgung einbringen dürften. „Sollte ein Hersteller Lieferengpässe haben, gäbe es entsprechende Alternativmöglichkeiten“, so der Ausschuss.
Klar sprechen sich die Minister gegen die von der Pharmaindustrie gewünschte Vertraulichkeit der Erstattungspreise aus: „Der Gesundheitsausschuss des Bundesrates schlägt vor, den entsprechenden Passus zu streichen.“ Für die geplante Vertraulichkeit müsse sonst ein administrativ und bürokratisch sehr aufwendiger Prozess etabliert werden. Vorteile aus einer Einschränkung der Transparenz bei den Arzneimittelpreisen seien zudem nicht erkennbar: „Die Vertraulichkeit des Erstattungsbetrages und der Verzicht auf die öffentliche Listung sind daher abzulehnen.“
Abgelehnt wird von den Ländergesundheitsministern die beabsichtige Flexibilisierung bei den Verhandlungen des Erstattungsbetrags für Arzneimittel, die keinen Zusatznutzen haben oder keiner Festbetragsgruppe zugeordnet werden können. Das sei „nicht zielführend“. Mit der vorgesehenen „Soll“-Formulierung werde die bisher bestehende Bindung an den Preis der zweckmäßigen Vergleichstherapie aufgehoben. Zukünftig könne der Erstattungsbetrag über den Kosten der zweckmäßigen Vergleichstherapie liegen und es würden im Ergebnis Arzneimittel ohne und mit Zusatznutzen gleichgestellt. Der Grundsatz, dass für neue Arzneimittel ohne nachgewiesenen Zusatznutzen keine Mehrkosten gegenüber Vergleichstherapien entstehen oder unwirtschaftliche Leistungen erbracht werden dürften, werde damit nicht mehr hinreichend gewährleistet.
Kritisch sieht die der Gesundheitsausschuss der Länderkammer auch die Beibehaltung einer freien Preisgestaltung im ersten Jahr des Inverkehrbringens eines Arzneimittels mit einem neuen Wirkstoff bis zu einem Ausgabenwert von 250 Millionen Euro. Hierzu gibt der Gesundheitsausschuss aber kein Empfehlung für eine alternative Lösung. Der Bundesrat wird sich im ersten Durchgang am 25. November 2016 mit dem AM-VSG befassen.
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