In ihrer Stellungnahme zum Arzneimittel-Versorgungsstärkungsgesetz (AM-VSG) pocht die ABDA aus aktuellem Anlass erneut auf ein gesetzliches Verbot des Versandhandels mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln. In der Einleitung heißt es, die EuGH-Entscheidung „bedarf dringend einer Korrektur durch den Gesetzgeber“. Durch die unverzügliche Verankerung eines Versandverbots für verschreibungspflichtige Arzneimittel könne das deutsche Preisbildungssystem dem unionsrechtlichen Maßstab entzogen werden. Grundsätzlich zeigt sich die ABDA mit dem AM-VSG zufrieden, das für die Apotheken eine Honorarerhöhung von 100 Millionen Euro für Rezeptur und BtM-Rezepte und ein Verbot von Zyto-Ausschreibungen vorsieht.
Die ABDA unterstütze alle Maßnahmen des AM-VSG, die „eine flächendeckende, innovative, sichere und bezahlbare Arzneimittelversorgung gewährleisten, um die Gesundheitsversorgung der Bevölkerung sicherzustellen“. Dazu gehöre auch die Sicherstellung der Versorgung mit Rezepturarzneimitteln aus öffentlichen Apotheken. „Insoweit begrüßen wir die im Regierungsentwurf vorgesehenen Regelungen zur Erhöhung der Vergütung bei Rezepturen und bei dokumentationspflichtigen Arzneimitteln“, so die ABDA. Die vorgeschlagene Vergütungserhöhung werde zum Erhalt der flächendeckenden Versorgung mit Rezepturarzneimitteln beitragen, obwohl die Vergütung „aber auch in Zukunft ganz überwiegend nicht kostendeckend“ sei.
Auf Zustimmung bei der ABDA stößt naturgemäß das Verbot von Zyto-Ausschreibungen. Die Betonung der Wahlfreiheit des Versicherten und die Stärkung des Kollektivvertrages zwischen dem GKV-Spitzenverband und dem Deutschen Apothekerverband (DAV) würden der onkologischen Therapie gerecht. Dort gehe es in besonderem Maße um die vertrauensvolle Zusammenarbeit von Arzt und Apotheker. Damit der DAV „auf Augenhöhe“ mit dem GKV-Spitzenverband über die Hilfstaxe verhandeln kann, fordert die ABDA Informationen über zwischen Kassen und Herstellern ausgehandelten Einkaufspreise.
Mit Blick auf die längeren Übergangsfristen für die Hersteller bei Rabattverträgen hält es die ABDA für nicht sachgerecht, der „Apotheke für Zeiträume eine Austauschpflicht aufzubürden, für die der pharmazeutische Unternehmer seine Lieferfähigkeit nicht gewährleisten muss“. Dies führe wegen potenzieller Streitigkeiten zwischen Krankenkassen und Apotheken über die Austauschverpflichtungen zu erhöhter Rechtsunsicherheit. Die Übergangsfrist müsse „vernünftiger Weise auch für die Apotheken gelten“. Während der Übergangsfrist zugunsten der pharmazeutischen Unternehmer dürfe es daher keine Austauschpflicht der Apotheke geben.
Zur Vermeidung von Retaxproblemen fordert die ABDA, dass die Software der Arztpraxen sicherstellen muss, dass die nach der Arzneimittelverschreibungsverordnung und der Betäubungsmittelverschreibungsverordnung erforderlichen Angaben bei der Erstellung der Verordnung vollständig aufgebracht werden.
Ärztliche Verschreibungen entsprächen nicht immer den Anforderungen der Arzneimittelverschreibungsverordnung (AMVV) und der Betäubungsmittelverschreibungsverordnung (BtMVV), wodurch sich häufig Auseinandersetzungen zwischen Apotheken und Krankenkassen ergäben. Diese nähmen derartige Formfehler zum Anlass für Beanstandungen der Abrechnungen.
Weil Importarzneimittel nicht „per se die preisgünstigsten Arzneimittel“ seien, verlangt die ABDA die Streichung der Importquote. Außerdem soll der Gesetzgeber eine Rechtsgrundlage für Verträge über pharmazeutische Dienstleistungen von Apotheken schaffen. Die Apotheken böten flächendeckend Dienstleistungen für Versicherte der gesetzlichen Krankenversicherung an, die über die unmittelbar mit der Arzneimittelabgabe verbundene Beratung und Information hinausgingen. Derzeit würden solche Verträge von den Aufsichtsbehörden vielfach bestritten. Die ABDA schlägt eine Klarstellung vor, dass auch pharmazeutische Dienstleistungen Gegenstand ergänzender Verträge im Sinne des § 129 Absatz 5 SGB V sein können.
Um Lieferengpässe zu vermeiden fordert die ABDA, dass Rabattverträge stets mit mehreren Herstellern abgeschlossen werden müssen. „Wenn aus Kostengründen nicht vollständig auf Rabattverträge verzichtet werden soll, ist es deshalb geboten, die Ausschreibungen zu Rabattverträgen so zu gestalten, dass mindestens zwei pharmazeutische Unternehmer den Zuschlag erhalten“, so die ABDA. Im Ergebnis könnten Sparpotentiale weiter gehoben werden, die Versorgung der Patienten gesichert und unnötiger Aufwand in den Apotheken beim Auftreten von Lieferengpässen vermieden werden.
Stoppen will die ABDA den Trend zum Direktbezug von Arzneimitteln beim Hersteller: Die Belieferung von Apotheken mit Arzneimitteln solle im Regelfall zweistufig ausgestaltet werden, ausgehend vom pharmazeutischen Unternehmer über den pharmazeutischen Großhandel. Damit könne die Lieferfähigkeit des pharmazeutischen Großhandels und die Arzneimittelversorgung der Bevölkerung durch die Apotheken verbessert werden, die sonst durch abweichende Lieferkonzepte zu Kontingentierungen auf den Handelsstufen führen könnten. Beim möglichen Direktbezug von Arzneimitteln durch Apotheken beim pharmazeutischen Unternehmer sollte es sich daher „nur um eine Ausnahme vom klassischen zweistufigen Vertriebsweg handeln“.
Der Gesundheitsausschuss des Bundesrates berät am 9. November im ersten Durchgang das Arzneimittel-Versorgungsstärkungsgesetz (AM-VSG). Am Tag darauf wird der Gesetzentwurf im Plenum des Bundesrates von den Landesregierungen beraten. Anschließend wandert der Gesetzentwurf in den Bundestag. Dort steht am 14. Dezember die Beratung im Ausschuss für Gesundheit an. Die erste Lesung im Bundestag ist für den 15. Dezember geplant. Verabschiedet werden soll das AM-VSG in der letzten Sitzungswoche im Februar. Bis dahin können die Koalitionsfraktionen noch Änderungsanträge einbringen.
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