Pharmadialog: Antibiotika, Digitales, Fachkräftemangel Lothar Klein, 15.11.2018 15:24 Uhr
Die Vorbereitungen für die Fortsetzung des Pharmadialogs laufen seit Wochen. Jetzt geht die Neuauflage an den Start. Am Freitag treffen sich die Teilnehmer in erweiterter Runde im Bundesgesundheitsministerium (BMG) zur ersten Dialogsitzung. Auf der Tagesordnung stehen bekannte Themen: Antibiotika, Digitalisierung, personalisierte Medizin und Fachkräftemangel. Die Themen Lieferengpässe und Arzneimittelsicherheit sind für spätere Treffen reserviert.
Neben den bisherigen Teilnehmern aus Pharmaindustrie, Gewerkschaften, Bundesregierung und Wissenschaft sitzen bei der Neuauflage auch die Gesundheitspolitiker der Regierungskoalition und die Länder mit am Tisch. Staatssekretärin Sabine Weiss versprach auf dem BPI-Unternehmertag bereits, Deutschland als starken Pharmastandort zu erhalten: „Wir werden den Innovationsplatz zuverlässig fördern, den Zugang zu neuen Arzneimitteln für alle Patienten erhalten, aber die Arzneimittelkosten dürfen nicht explodieren.“
Mit den neuen Regeln für das Arzt-Informationssystem (AIS) hat das BMG bereits einen Vorlage geliefert. Auch wenn der Pharmabranche daran nicht alles gefällt, hat Bundesgesundheitsminister Jens Spahn doch der Forderung der Krankenkassen widerstanden, aus dem AIS ein Steuerungssystem für Einsparungen bei Arzneimittel zu konstruieren. Mit dem AIS sollen die Informationen aus der frühen Nutzenbewertung neuer Arzneimittel einfacher und schneller in die Arztpraxen gelangen.
Zum Auftakt der ersten Dialogsitzung unter Leitung von Staatssekretär Lutz Stroppe – Spahn stellt zeitgleich im BMG neues Gesetzespläne vor – dürfen die Neulinge am Tisch ihre Forderungen an den Pharmadialog kurz und knapp zu Protokoll geben: Jeweils zweieinhalb Minuten Zeit wurde den Gesundheitspolitikern von Union und SPD sowie den Ländern dafür eingeräumt. Anschließend berichten die „Kompetenzteams“ aus dem letzten Pharmadialog über Fortschritt der Antibiotikaforschung, sowie VFA-Hauptgeschäftsführerin Birgit Fischer über neue Techniken und Trends aus der Pharmabranche. In den darauf folgenden 55 Minuten stellt das Bundesforschungsministerium die „Chancen der Digitalisierung in der Arzneimittelforschung und -entwicklung“ sowie die „Chancen der personalisierten Medizin“ vor. Stroppe referiert anschließend über den Einsatz digitaler Technologien und Big Data im Rahmen klinischer Studien bis zur Arzneimittelanwendung beim Patienten. Und das Bundeswirtschaftsministerium berichtet über den Einfluß künstlicher Intelligenz (KI) auf den Produktionsstandort Deutschland.
Zum Abschluss dreht sich alles um das Thema Fachkräfte. Auch hier ist das Wirtschaftsministerium federführend. Diskutiert werden die Auswirkungen der Digitalisierung auf den Arbeitsmarkt für Fachkräfte. Digitale Bildung und die erforderlichen Kompetenzen für die künftige Berufswelt sollen ebenso erörtert werden wie sich abzeichnende neue Berufsfelder.
Mehrere Sitzungen zum Pharmadialog sind geplant. Ob es erneut ein Abschlussdokument und daraus folgende Gesetze geben wird, ist unklar. Nach dreijährigem Pharmadialog in der letzten Legislatur und langem Tauziehen innerhalb der Regierungskoalition hatte der Bundestag das Arzneimittelversorgungsstärkungsgesetz (AMVSG) beschlossen. Die Hersteller mussten unter anderem mit dem Preismoratorium einige Kröten schlucken. Die Apotheker gehören mit der Erhöhung ihres Honorars um 100 Millionen Euro zu den Gewinnern, obwohl sie nicht mit am Tisch saßen.
Es gab zwar Erleichterungen bei der Nutzenbewertung von neuen Arzneimitteln. Anderseits wurde die geforderte Vertraulichkeit der Erstattungspreise in letzter Minute dem Koalitionskompromiss geopfert. Im Gegenzug verzichtete die SPD auf ihre Forderung nach einer Umsatzschwelle für neue Arzneimittel im ersten Jahr. Auf Kritik der Hersteller stieß vor allem die Verlängerung des Preismoratoriums bis zum Jahr 2022. Ab 2018 wurde eine Preisanpassung entsprechend der Inflationsrate eingeführt. Dagegen liegt inzwischen eine Verfassungsklage vor.