„Keine unbeschränkten Rabatte“

Phagro: Positionspapier gegen Skonto-Freigabe

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Berlin -

Die Streichung des Skonto-Verbots ist eine Maßnahme aus dem Koalitionsvertrag, die sich besonders schnell umsetzen ließe, weil sie aufwandsneutral für die Kassen ist. Der Großhandelsverband Phagro spricht sich daher jetzt klar gegen eine „Freigabe unbeschränkter Rabatte auf den Großhandelspreis“ aus. In einem Positionspapier rufen die Mitglieder die Politik dazu auf, die Versorgungslage mit Arzneimitteln nicht zu gefährden.

Die Leistungsfähigkeit des Pharmagroßhandels stehe in direktem Zusammenhang mit der Leistungsfähigkeit der Apotheken: „Wir sehen uns als Partner der Apotheken, mit denen wir gemeinsam die flächendeckende Versorgung der Patientinnen und Patienten sicherstellen“, heißt es im Positionspapier. „Wenn die Wirtschaftlichkeit des Pharmagroßhandels in Frage gestellt wird, werden auch Apotheken und Patienten die negativen Folgen spüren. Es ist insofern ein Beitrag zur Erhaltung der Apothekenstruktur, den Großhandel nicht weiter zu schwächen.“

Im Koalitionsvertrag heißt es: „Das Skonti-Verbot heben wir auf.“ Bereits die Arbeitsgruppe „Gesundheit und Pflege“ hatte sich für diese Maßnahme ausgesprochen und erklärt, diese sei „finanzneutral“, da es sich um eine „Verschiebung zwischen Großhandel und Apotheke (15.000 Euro je Apotheke)“ handle.

Skonti könnten 255 Millionen Euro kosten

Hochgerechnet auf rund 17.000 Apotheken bedeutet das laut Phagro einen Ergebnisverlust von 255 Millionen Euro jährlich – bei einem Gesamtergebnis der Branche von 310 Millionen Euro im Jahr 2024.

Damit würden zwangsläufig negative Auswirkungen auf die Leistungsfähigkeit des Großhandels und das heutige Niveau der Arzneimittelversorgung einhergehen. Die Absenkung des Leistungsniveaus könnte etwa zur Folge haben, dass Apotheken nicht mehr mit sämtlichen Arzneimitteln, nicht mehr mehrmals am Tag oder nicht mehr am Folgetag beliefert werden können.

In dem Positionspapier erklären die acht vollversorgenden Pharmagroßhandlungen in Deutschland, die „Aufhebung des Skontoverbots“ sei nicht nur in der Sache abzulehnen, sondern schon dem Begriff nach irreführend. Denn bei diesen sogenannten Skonti handle es sich um nach oben unbegrenzte Preisnachlässe, die sich in der Regel nicht durch eine vorfristige Zahlung begründen: „Was nun als ‚Skonto-Freigabe‘ deklariert wird, ist in Wahrheit der Einstieg in eine Umverteilung vom Großhandel hin zu den Apotheken – der Großhandel soll zugunsten der Apotheken auf den gesamten Großhandelszuschlag Rabatte geben können.“

Temperaturkontrolle für Versender

Begrüßt wird dagegen, dass die alte Forderung des Phagro umgesetzt werden soll, beim Arzneimittelversand gleiche Wettbewerbsbedingungen für Apotheken und Versender zu schaffen und letztere stärker auf die Einhaltung von Temperaturvorgaben zu verpflichten. Wichtig werde sein, dass diese Vorgaben künftig wirksam durch die zuständigen Aufsichtsbehörden kontrolliert werden.

Positiv bewertet wird auch, dass der Koalitionsvertrag die Bedeutung der Versorgungssicherheit betont und sich für die Stärkung der Apotheken als „erste Anlaufstelle in der Gesundheitsversorgung“ einsetzt. Der Beitrag des vollversorgenden Großhandels dazu, dass Patientinnen und Patienten in der Regel jedes Rezept jederzeit kurzfristig einlösen können, werde jedoch völlig unterschätzt: „Der Großhandel erfüllt Aufgaben, die weit über die gesetzlichen Vorgaben hinausgehen – und die im politischen Raum oft nicht gesehen oder für selbstverständlich gehalten werden.“

„Dazu gehören neben der bedarfsgerechten zeitnahen Belieferung aller Apotheken eine vorausschauende, tiefe Bevorratung, das aktive Monitoring von Lieferengpässen und die Fähigkeit, auch in Krisensituationen – etwa bei Pandemien, Naturkatastrophen oder internationalen Lieferkettenstörungen – die Versorgung aufrechtzuerhalten.“ Auch die Vorfinanzierung der von Apotheken abgegebenen Medikamente durch den Großhandel gehöre zu den oft übersehenen Leistungen – jährlich sichere die Branche so Waren‑ und Zahlungsströme im Umfang von 4,4 Milliarden Euro ab.

Ausreichende Vergütung

Doch Leistungsfähigkeit setze Wirtschaftlichkeit voraus. Schon heute sei die Abgabe einer Vielzahl von Medikamenten, insbesondere der hochpreisigen, für den Großhandel ein Verlustgeschäft.Es sei daher dringend erforderlich, dass alle Akteure entlang der Handelsketten ausreichend vergütet würden. Das Gegenteil wäre der Fall, wenn die Apotheken jetzt auch noch aus dem Festzuschlag des Pharmagroßhandels quersubventioniert würden.

Daher appellieren die Großhändler an die künftige Koalition: Eine angemessene Vergütung der Apotheken müsse durch eine Anpassung der Apothekenzuschläge gesichert werden und nicht durch die Gewährung verbotener Nachlässe auf den Großhandelszuschlag. „Wir leben in einer Zeit multipler Krisen“, heißt es im Positionspapier. „Die Politik muss Probleme lösen und keine neuen schaffen. Die flächendeckende Arzneimittelversorgung ist ein hohes Gut, das keinesfalls gefährdet werden darf.“

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