„Nicht auseinandertreiben lassen“

Phagro-Chef warnt vor Skonto-Streit Patrick Hollstein, 09.10.2024 11:16 Uhr

Marcus Freitag vom Phagro fordert frisches Geld statt neues Skonto. Foto: APOTHEKE ADHOC
Berlin - 

Die geplante Wiedereinführung von Rx-Skonti ist einer der wenigen positiven Ansätze im Apotheken-Reformgesetz (ApoRG). Dem Großhandel sind solche Pläne nach dem erstrittenen Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) ein Dorn im Auge. Der Vorsitzende des Branchenverbands Phagro, Marcus Freitag, warnt davor, dass sich Apotheken und Lieferanten auseinandertreiben lassen.

„Es darf nicht dazu kommen, dass wir uns als Marktpartner – wie jetzt beim Thema Skonto – auseinandertreiben lassen. Veränderungen an der Arzneimittelpreisverordnung dürfen nicht einseitig zu Lasten eines Handelspartners gehen“, so Freitag bei der Eröffnung der Expopharm in München. „Deshalb sage ich hier auch offen, dass wir als Bundesverband des pharmazeutischen Großhandels nicht zustimmen können, wenn der Gesetzgeber einen Zustand ermöglichen will, der die Großhandelsspanne korrumpiert und den der Bundesgerichtshof als Unrecht erkannt hat. Anstatt eines Gezerres an einer immer zu kurzen Decke brauchen wir eine finanzielle Auskömmlichkeit im System.“

„Adé Versorgungssicherheit“

Der vollversorgende Pharmagroßhandel stelle sicher, dass Apotheken ihren Patientinnen und Patienten alle nachgefragten Arzneimittel zur Verfügung stellen können, oft noch am selben Tag. „Wir sind Ihr Backup, Ihr Garant für die Vollversorgung. Ich sage aber ganz deutlich: Noch! Denn die Vollversorgung steht auf dem Spiel. Wenn die Änderung der Apotheken- und Großhandelsvergütung so kommt, wie bislang geplant, dann: adé Versorgungssicherheit. Niemand kann Apotheken und Großhandel zwingen, sich unwirtschaftlich zu verhalten, erst recht nicht die Politik.“

Denn die Leistungen des Großhandels seien mit hohen Kosten verbunden, „dafür brauchen wir verlässliche Konditionen“. Zugleich müsse man gemeinsam schauen, „welche Leistungen eigentlich benötigt werden und an welche wir uns lediglich gewöhnt haben“, so Freitag. „Daher betone ich heute erneut: Großhandel und Apotheken sollten eine politische Lösung im gemeinsamen Interesse finden, anstatt sich auseinander dividieren zu lassen.“

Solange die Arzneimittelversorgung nicht angemessen vergütet und strukturell gefestigt werde, werde sie unsicher bleiben. „Auch im Gesundheitswesen stellen die Menschen fest, dass Dinge, die sie jahrzehntelang für selbstverständlich gehalten haben, nicht mehr richtig funktionieren. So ist gerade auch die Gesundheitsversorgung ein Gradmesser für das Funktionieren unseres Gemeinwesens insgesamt. Hier darf nicht noch mehr Vertrauen verloren gehen, sondern es muss zurückgewonnen und aufgebaut werden.“

Verliebt in den Versandhandel

Wer die Engpässe beenden wolle, müsse neben der Industrie auch Apotheken und Großhandel stärken. „Denn wir tragen für die Arzneimittelversorgung gemeinsam Sorge und stehen gegenüber den Patientinnen und Patienten in der Pflicht. Lassen Sie uns darum ein Bündnis für die Arzneimittel- und Patientensicherheit in Deutschland schmieden.“

Dazu gehöre auch, den Versandhandel endlich in gleiche Wettbewerbsbedingungen zu zwingen. Apotheken und Großhandel betrieben großen Aufwand, um die Lager- und Transportbedingungen von Arzneimitteln einzuhalten, ausländische Versender würden aber weiterhin überhaupt nicht kontrolliert. „Dann werden die Vorgaben zur Arzneimittel- und Patientensicherheit zur Makulatur und die Gesundheit der Patienten auf dem Altar der Versandverliebtheit der Bundesregierung geopfert. Hier müssen wir, Großhandel und Apotheken, zusammen selbstbewusst auftreten: Nur wer über unseren gemeinsamen Vertriebsweg bestellt, hat die volle Sicherheit.“

Arzneimittelversorgung reformieren

Laut Freitag zeigt sich ein Muster in der Gesundheitspolitik: Immer wieder bleibe von großen Ankündigungen nicht viel übrig, blieben die Maßnahmen weit hinter den Erwartungen und auch hinter dem Notwendigen zurück. Auch beim Apothekenreformgesetz spreche vieles dafür, dass es sich in der geplanten Form nicht durchsetzen lasse. „In diesem Fall wäre das absolut wünschenswert. Vom Gedanken der Apotheke ohne Apotheker abzurücken und auf die Stimmen der Leistungserbringer zu hören, wäre gut für die Gesundheitsversorgung in Deutschland. Es wäre der richtige Schritt und ein Erfolg auch Ihrer vehementen öffentlichen Kritik als Stimme der Apotheken.“

Allerdings sei es richtig und aus systemischer Sicht dringend notwendig, die aktuelle Gesundheits- und damit auch die Arzneimittelversorgung in Deutschland an der einen oder anderen Stelle zu hinterfragen. „Lassen Sie uns gemeinsam Mehrwerte aufzeigen, die die Leistungserbringer zukünftig anbieten können. Ich bin sicher, das wird die Politik honorieren.“