Der Bundesgerichtshof (BGH) hat die Revisionen mehrere Nebenkläger gegen das Urteil im Falle der Alten Apotheke in Bottrop abgelehnt. Sie wollten, dass dem ehemaligen Apotheker Peter Stadtmann auch wegen Körperverletzung der Prozess gemacht wird. Abgeschlossen ist der Fall mit der jetzigen Entscheidung trotzdem noch nicht, wie Patientenvertreterin Heike Benedetti erklärt. Doch einen Abschluss würde sie gern bald finden.
Die Revision mehrerer Nebenkläger gegen das Urteil des Landgerichts Essen vom Juli 2018 war unzulässig, befand der BGH in seiner am Mittwoch veröffentlichten Entscheidung. Das Rechtsmittel entspreche nicht den Anforderungen der Strafprozessordnung. „Dass das Rechtsmittel auf einen Schuldspruch wegen eines zum Nachteil des verstorbenen Ehemannes der Nebenklägerin verübten Nebenklagedelikts abzielt, ist der Revisionsbegründung entgegen der Ansicht des Generalbundesanwalts nicht zu entnehmen“, so der BGH. „Ausweislich der Ausführungen in der Revisionsbegründungsschrift erstrebt die Nebenklägerin vielmehr eine Verurteilung des Angeklagten wegen eines vollendeten beziehungsweise versuchten Tötungsdelikts zum Nachteil nicht näher individualisierter Patienten, die durch die unterdosierten Arzneimittelzubereitungen aus der Apotheke des Angeklagten betroffen waren.“
Damit verweisen die Richter darauf, dass die Geschädigten nicht weiter ausgeführt haben, wie sie von den Taten betroffen gewesen seien. Denn während die Staatsanwaltschaft prinzipiell jede Straftat von selbst verfolgen kann, müssen Antragsteller für eine Revision nachweisen, dass sie selbst von den Gesetzesbrüchen geschädigt worden sind.
„Damit haben wir gerechnet“, sagt Nebenklägerin und Opfervertreterin Heike Benedetti. „Es ging ja bei uns immer nur um die versuchte Körperverletzung und das konnten wir nicht nachweisen.“ Trotzdem seien sie und die anderen Nebenklägerinnen „betrübt“ über die Entscheidung, wie sie sagt. „Jetzt sind die Chancen, endlich Gerechtigkeit zu finden, wieder ein bisschen kleiner. Das kommt schon fast an ein perfektes Verbrechen heran.“
Fast alle Revisionsanträge seien nun abgewiesen worden und bei den rechtlichen warte man nur noch auf die Abweisung, sagt sie. „Die vom Stadtmann steht noch aus, ich denke die wird nächste Woche kommen.“ Die Verteidiger des Verurteilten hatten ihre Revision unter anderem mit dem Austausch von Schöffen und einer ihrer Auffassung nach zu schnellen Beendigung des Verfahrens durch das Landgericht Essen begründet. Auch hier wird allerdings eine Ablehnung des Revisionsantrages erwartet. Für Benedetti und ihre Mitstreiter sind die Rechtsmittel damit nun ausgeschöpft – zumindest in diesem Prozess. „Mal schauen, ob wir noch in ein Zivilverfahren gehen“, sagt sie. „Aber man will ja auch irgendwann einmal mit dem Fall abschließen. Seit drei Jahren zieht der sich nun schon hin. Das ist nicht gut für die Seele.“ Außerdem werde es Zeit, dass Stadtmann in den Regelvollzug komme, sagt sie.
Stadtmann war in einem der größten Medizinskandale der Nachkriegsgeschichte verurteilt worden, weil er über einen Zeitraum von mindestens fünf Jahren Zytostatika zu niedrig dosiert haben soll, um sich, wie es in der Urteilsbegründung heißt, „selbst ein Luxusleben zu finanzieren und sich in seiner Heimatstadt als Gönner und Wohltäter aufzuspielen“. Verurteilt wurde er zu zwölf Jahren Haft wegen Betrugs in 59 Fällen und vorsätzlichen Verstoßes gegen das Arzneimittelgesetz (AMG) in rund 14.500 Fällen. Außerdem erhielt er ein lebenslanges Berufsverbot.
Außerdem wurde die Einziehung von 17 Millionen Euro aus Stadtmanns Vermögen beschlossen. Diesen Schaden soll er durch seine Taten den Krankenkassen verursacht haben. Die Staatsanwaltschaft war mit 56 Millionen Euro von einer bedeutend höheren Summe ausgegangen. Für Straftaten gegen die körperliche Unversehrtheit – also Körperverletzung, Totschlag oder Mord – wurde er hingegen nicht verurteilt. „Die Kammer konnte insoweit keine hinreichenden Feststellungen mit dem für eine Verurteilung erforderlichen Grad an Wahrscheinlichkeit treffen“, heißt es dazu in der Urteilsbegründung. An dieser Einschätzung gibt es jedoch erhebliche Zweifel, nicht zuletzt durch ein Gutachten einer Strafrechtsexpertin.
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