Pflegereform ohne Effekt dpa, 06.08.2007 18:17 Uhr
Der Trend zur Betreuung pflegebedürftiger Menschen in Heimen wird nach Einschätzung des Jenaer Wissenschaftlers Stephan Dorschner durch die geplante Pflegereform nicht aufgehalten. „Seit der Einführung der Pflegeversicherung Mitte der 1990er Jahre wird der Grundsatz 'Ambulant vor stationär' propagiert“, sagte der Professor für Theorie und Praxis der Pflege an der Fachhochschule Jena in einem Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur (dpa). „Bisher haben alle Maßnahmen jedoch das genaue Gegenteil bewirkt.“
Die Bundesregierung hatte sich kürzlich auf Eckpunkte für eine Pflegereform geeinigt. Die finanziellen Leistungen in der ambulanten Pflege sollen stufenweise angehoben sowie die Leistungen für Demenzkranke verbessert werden. Dorschner hegt Zweifel an der Wirkung der Reform. Zwischen 1999 und 2005 hat sich nach seinen Angaben die Zahl der in Heimen lebenden Pflegebedürftigen um fast ein Fünftel erhöht. In Deutschland leben mehr als zwei Millionen Pflegebedürftige.
Der Experte plädiert für eine engere Verzahnung von Pflege- und Krankenversicherung. „Es gibt viele Überschneidungen, etwa wenn ein Demenzkranker gleichzeitig körperlich chronisch erkrankt.“ Derzeit würden Kranken- und Pflegekassen in solchen Fällen die Verantwortung hin und her schieben. Hausärzte müssten aber mit Pflegefachkräften zusammenarbeiten, vorhandene Pflegestrukturen wie Heime, Tages- und Kurzzeitpflege oder betreute Wohnformen enger vernetzt werden. Die Reform der Pflegeversicherung soll spätestens zum 1. Juli 2008 in Kraft treten.