Pflege

Kabinett beschließt Pflegereform

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Berlin -

Das Bundeskabinett hat die zweite Stufe der Pflegereform von Gesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) verabschiedet. Das zweite Pflegestärkungsgesetz soll das Leistungsangebot für Pflegebedürftige und Pflegende verbessern.

Das Gesetz soll das Leistungsangebot für Pflegebedürftige und Pflegende ausbauen. Zentraler Punkt ist ein neuer Pflegebedürftigkeitsbegriff, der an Demenz Erkrankten Anspruch auf die gleichen Leistungen einräumt wie Menschen mit körperlichen Beeinträchtigungen. Zugleich sollen die bisherigen drei Pflegestufen auf künftig fünf sogenannte Pflegegrade ausgeweitet werden, um dem Pflegebedarf jedes Einzelnen besser Rechnung zu tragen.

Mit der Umstellung, die bis 2017 weitgehend abgeschlossen sein soll, soll keiner der heute rund 2,7 Millionen Leistungsbezieher aus der sozialen und der privaten Pflegeversicherung schlechter gestellt werden. Grundsätzlich würden Leistungsansprüche nur nach oben angepasst. Durch das neue System würden in den nächsten Jahren schätzungsweise rund 500.000 Menschen mehr unterstützt.

Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) hat im Vorfeld der Kabinettssitzung eine jährliche Anpassung aller Pflegeleistungen gefordert. Die im Entwurf angepeilte Prüfung einzelner Leistungsbereiche erst im Jahr 2020 sei aus Sicht des DGB unverständlich, erklärte Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach. Zu diesen Bereichen gehöre unter anderem die Tag- und Nachtpflege (teilstationäre Versorgung) oder die sogenannte Verhinderungspflege, wenn pflegende Angehörige etwa im Urlaub abwesend sind.

Der DGB wies in diesem Zusammenhang auf die „großen Realwertverluste der Versicherungsleistungen“ hin, die letztlich zu steigenden Eigenanteilen der Versicherten in der stationären Pflege führten. „Pflege muss bezahlbar bleiben, und darf nicht zum Armutsrisiko werden.“ Der Kaufkraftverlust für die Versicherungsleistungen müsse voll ausgeglichen werden.

Auch die Deutsche Stiftung Patientenschutz kritisierte vorab das Vorhaben der Regierung. „Es fehlt ein Konzept, das die Pflege zukunftssicher und generationengerecht macht“, sagte Stiftungsvorstand Eugen Brysch. „Schon in sieben Jahren geht das Geld aus. Dann drohen den Beitragszahlern von heute Leistungskürzungen im Alter.“

Brysch bemängelte zudem, dass Heimbewohner medizinische Behandlungspflege wie Medikamentengabe oder Verbandswechsel durch examinierte Pflegekräfte weiter selbst zahlen müssten. Bei Pflegebedürftigen daheim komme die gesetzliche Krankenversicherung dafür auf. Das koste die Heimbewohner im Schnitt 190 Euro im Monat. Viele rutschen deshalb in die Sozialhilfe ab, was wiederum Auswirkungen auf die klammen Kommunen habe. „Diese Ungleichbehandlung ist verfassungsrechtlich bedenklich“, sagte Brysch. Die Stiftung prüfe hier eine Verfassungsklage.

Die Präsidentin des Sozialverbands VdK, Ulrike Mascher, kritisierte: „Im Gesetz fehlt eine automatische Anpassung an das Preis- und Einkommensniveau.“ Auch beim Thema Bestandsschutz müsse nachgebessert werden. Zwar solle kein Leistungsbezieher jetzt schlechter gestellt werden. Doch der VdK befürchtet, „dass bei einer neuen Begutachtung nach zwei bis drei Jahren der bisher zugesicherte Schutz verloren gehen kann“.

Bayerns Gesundheitsministerin Melanie Huml (CSU) nannte die zweite Stufe der Pflegereform einen „Meilenstein für eine bessere Versorgung von Demenzkranken“. Zugleich mahnte die Ministerin Korrekturen am Pflege-TÜV an. Pflegebedürftige und ihre Angehörigen müssten ein realistischeres Bild von der Qualität einer Einrichtung bekommen. „Erhebliche Pflegemängel“ sollten „ein K.o.-Kriterium sein, das nicht bei der Berechnung der Gesamtnote durch positive Bewertung anderer Faktoren ausgeglichen werden kann“.

Bereits Anfang des Jahres trat das erste Pflegestärkungsgesetz in Kraft. Mit beiden Reformen ist eine Erhöhung des Beitrags zur Pflegeversicherung von 2,05 Prozent auf dann 2,55 von 2017 an verbunden. Beide Erhöhungen bringen zusammen fünf Milliarden Euro.

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