Apothekeninhaber und Apothekenmitarbeiter müssen sich auf höhere Lohnnebenkosten beziehungsweise höhere Sozialabgaben einstellen. Weil der Pflegeversicherung die Ausgaben davonlaufen, hat Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) eine Beitragserhöhung um 0,3 Prozentpunkte ab Januar 2019 angekündigt. Das entspricht einer Summe von 4,2 Milliarden Euro pro Jahr. Grund für die vorzeitige Erhöhung sind gegenüber den Annahmen von Ex-Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) deutlich höherer Ausgaben. Und es droht in absehbarer Zeit eine weitere Beitragserhöhung.
Ohne diese Beitragsanhebung würde sich das Defizit in den kommenden Jahren weiter erhöhen. Die Pflegekassen erwarten bis Jahresende Mehrausgaben von zwei Milliarden Euro und ein höheres Minus von insgesamt drei Milliarden Euro. Der Beitragssatz liegt aktuell bei 2,55 Prozent des Bruttoeinkommens, bei Kinderlosen bei 2,8 Prozent. Bei Arbeitnehmern zahlt die Hälfte des Beitrages der Arbeitgeber, aber ohne den Kinderlosenzuschlag.
„Das ist kein Rechenfehler, die Ausgaben haben sich anders entwickelt als die Prognosen“, heißt es aus Regierungskreisen. Heute gibt es beispielsweise 100.000 mehr Pflegefälle als prognostiziert. Ohne weitere Zusatzkosten reicht die angekündigte Beitragserhöhung bis 2022. Da die Koalition aber bereits weitere kostenträchtige Pflegeleistungen auf den Weg gebracht hat oder noch beabsichtigt, muss vermutlich in dieser Wahlperiode eine weitere Beitragserhöhung erfolgen. Nicht eingepreist sind unter anderem höhere Sachleistungen für die stationäre Pflege, die geplante bessere Bezahlung der 60.000 ambulanten Pflegekräfte sowie die alle drei Jahre vorgesehene Dynamisierung der Pflegeleistungen.
Im Gegenzug plant die Regierungskoalition allerdings Entlastungen bei den Sozialabgaben: Ab 1. Januar 2019 teilen sich Arbeitgeber und Krankenversicherte wieder den Zusatzbeitrag der Kassen von aktuell durchschnittlich 1 Prozent. Darüber hinaus sollen Kassen mit überdurchschnittlich hohen Rücklagen ihre Beiträge senken – aber erst ab 2020. Im Koalitionsvertrag verabredet ist eine Senkung des Beitrags zur Arbeitslosenversicherung um 0,3 Prozentpunkte. Damit wäre die Anhebung bei der Pflege ausgeglichen. Allerdings drängt die Union Arbeitsminister Hubertus Heil zu einer Senkung um 0,5 Prozentpunkte.
Laut Kassensturz des BMG türmen sich in der Pflegeversicherung Monat für Monat neue Defizite: 443 Millionen Euro im Januar, 255 Millionen Euro im Februar, 481 Millionen Euro im März und 294 Millionen Euro im April. In der letzten Legislaturperiode hatte die große Koalition die Pflegesätze angehoben und den Kreis der Berechtigten auf Demenzkranke erweitert.
Insgesamt sind seit 2013 700.000 neue und zusätzliche Pflegefälle zu finanzieren. Seit 2013 sind die Ausgaben der Pflegekasse so um 12 Milliarden Euro auf jetzt knapp 40 Millionen Euro gestiegen. 2022 werden die Ausgaben auf über 48 Milliarden Euro steigen.
Allerdings gibt es auch Mehrkosten aufgrund neuer Pflegekonstruktionen. So boomt das betreute Wohnen in Kombination mit ambulanter Tagespflege. Dafür zahlt die Pflegekasse mit 3500 Euro monatlich deutlich mehr als für die stationäre Pflege in einer Einrichtung. Das BMG hat angekündigt, das Geschäftsmodell mit einem Gutachten zu prüfen.
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