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„Der Privatmarkt für Arzneimittel wird unterschätzt“

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Berlin -

Keine Arzneimittel mehr auf Ebay! Diese Forderung überbrachte Reinhard Rokitta vom Verein „Freie Apothekerschaft“ dem SPD-Obmann im Petitionsausschuss des Bundestags, Stefan Schwartze. Rokitta forderte strengere Regeln für den Onlineriesen und für private Anbieter. Bei Schwartze sei er auf offene Ohren gestoßen, so Rokitta. Das Problem sei in den Köpfen der Politiker angekommen.

In einer Petition im Frühjahr hatten die Freien Apotheker vom Gesetzgeber gefordert, das Anbieten verschreibungs- und apothekenpflichtiger Arzneimittel durch Privatpersonen besonders auf Internetportalen per Gesetz eindeutig unter Strafe zu stellen.

Zwar scheiterten sie mit 1246 Unterschriften am Quorum von 50.000 Unterschriften. Schwartze bat trotzdem um ein Gespräch. Für Rokitta ein gutes und notwendiges Zeichen. Gut eine Stunde sprachen die beiden im Jakob-Kaiser-Haus. Genug Zeit, um dem Politiker die Problematik zu erklären.

Mehr als 400 Rx- und OTC- Medikamente allein auf Ebay seien deutlich zu viel. Zudem sei das nur die Spitze des Eisberges in einem wachsenden Markt. „Die Dunkelziffer ist vermutlich wesentlich höher“, sagt Rokitta. Neben Ebay und Ebay Kleinanzeigen gebe es weitere Portale. Und wenn ein Inserat etwa wegen des Einsatzes der Freien Apotheker gelöscht werde, tauche es meist kurze Zeit später auf einer anderen Seite wieder auf.

Auf Ebay werde aktuell etwa das Hormonpräparat Zyproderm angeboten. „Bei Verbrauchern, die bereits andere Hormonpräparate nehmen, kann das zu einer riskanten Überdosierung führen“, so Rokitta. Jeder könne sich aber auch die Pille oder Thrombosespritzen ersteigern. Hinzu komme, dass die Krankenkassen die Arzneimittel bezahlt hätten. „Für die entsteht auch ein Schaden“, sagt Rokitta.

Für die Staatsanwaltschaften sei das Problem relativ neu, sagt er. Zudem seien diese so überlastet, dass entsprechende Delikte meist wegen Geringfügigkeit eingestellt würden – etwa weil der Verkäufer sich nicht habe bereichern wollen oder kein Schaden entstanden sei. Nur könne man eben dies nicht bemessen, so Rokitta.

Er fordert deshalb, dass die Plattformbetreiber verantwortlich und haftbar gemacht werden. „Die sind bislang gesetzlich nicht zu packen. Es heißt immer, die können nichts dafür.“ Rokitta fordert eine Auflage, die das Einstellen betreffender Medikamente verhindert. So solle beim Einstellen von Arzneimitteln eine Pharmazentralnummer eingegeben werden. „Dann müsste der weitere Einstellprozess sofort unterbrochen werden“, so Rokitta. Bei Büchern müsse man auch die ISBN-Nummer eingeben, begründet er.

Zudem wünscht er sich ein breiteres Problembewusstsein. „Man muss in die Sicht der Verbraucher rein“, so Rokitta. Er begrüßt in diesem Zusammenhang einen Fall, in dem ein Verkäufer zu Sozialstunden verurteilt wurde. Zumindest in den Köpfen der Politiker habe er das Problem nun platzieren können. „Vorher war nicht in dem Ausmaß bekannt, was auf den Portalen abläuft“, sagt Rokitta. Der private Markt für Arzneimittel werde unterschätzt.

„Für die Politiker ist das ein Nebenschauplatz“, sagt Rokitta. Durch die Petition sei Schwartze das Problem bewusst geworden. Jetzt müssten andere relevante Ressorts – etwa Verbraucher- und Jugendschutz, Justiz und Wirtschaft – sensibilisiert werden. Dort werde Schwartze Stellungnahmen einholen. Rokitta ist optimistisch: „Es wird nicht im Sande versickern.“

„Wir haben natürlich Verständnis dafür, dass nichts von heute auf morgen geht“, schreiben die Freien Apotheker auf Facebook. „Insofern unterstützen wir gerne auch weiterhin die Bemühungen der Politik, gesundheitliche Risiken für die Verbraucher durch diese gesetzeswidrigen Privatverkäufe zu unterbinden.“ Die Petition will Rokitta nun auch in den Landtagen platzieren. Auch die ABDA, die sich aus Sicht von Rokitta bei dem Thema viel zu wenig engagiert, will er um Stellungnahme bitten.

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