Ratlos: Apotheke wendet sich an Sozialminister Eugenie Ankowitsch, 02.05.2017 08:01 Uhr
Die Rats-Apotheke aus dem hessischen Michelstadt nimmt einige Anstrengungen auf sich, um pharmazeutische Fachkräfte zu rekrutieren. Sie suchten sogar im Ausland nach Approbierten und wurden auch fündig. Die italienische Kollegin wird im September ihre B1-Sprachprüfung ablegen. Wie und ob es danach weiter geht, ist ungewiss. Denn Ralf Sommer, kaufmännischer Leiter der Apotheke, versucht seit Monaten herauszufinden, wo und wann sie auch die C1-Fachsprachenprüfung ablegen kann. Bisher vergebens. Nun hat er an den hessischen Sozialminister, Stefan Grüttner (CDU), geschrieben.
Seit einiger Zeit suchen die Verantwortlichen der Rats-Apotheke nach einem Apotheker, um den gestiegenen Personalbedarf zu decken, zuletzt auch im Ausland. Ende vergangenen Jahres konnten sie eine junge Apothekerin aus Italien gewinnen. Im Februar 2017 kam sie nach Deutschland und ist seitdem in der Apotheke zunächst als Helferin eingestellt. Denn bevor die Pharmazeutin auch als solche arbeiten kann, muss sie eine Deutschprüfung auf B2-Niveau ablegen und anschließend noch die C1-Fachsprachenprüfung bestehen.
Für den Nachweis von Deutsch B2 kann ein Zertifikat des Goethe-Instituts erworben werden. Erhebliche Probleme soll es laut Sommer allerdings beim Nachweis von Pharmazie C1 geben. Der kaufmännische Leiter hat nach eigenen Angaben bereits frühzeitig Kontakt mit dem Hessischen Landesprüfungsamt (HLPUG) aufgenommen. Dort habe man ihn darüber informiert, dass nur die Freiburg International Academy (FIA) entsprechende Sprachkurse anbietet und auch exklusiv für das HLPUG die Prüfung in Pharmazie C1 abnimmt.
„Doch trotz mehrfacher Kontaktaufnahme sowohl per E-Mail als auch telefonisch habe ich keine Auskunft darüber bekommen, wann ein solcher Sprachkurs stattfindet und wann die Prüfungstermine sind”, berichtet Sommer, dessen Ehefrau die Rats-Apotheke besitzt. Auf E-Mail-Anfragen habe er schlicht keine Antwort bekommen. „Unsere neue Mitarbeiterin wird Anfang September ihre Sprachprüfung Deutsch B2 beim Goethe-Institut in Frankfurt ablegen”, sagt er. „Wir haben bisher jedoch keine Möglichkeit gefunden, danach die Qualifikation Pharmazie C1 zu erweben beziehungsweise die notwendige Sprachprüfung abzulegen, um eine deutsche Approbation zu erhalten.”
IFA bestreitet die Vorwürfe des kaufmännischen Leiters der Rats-Apotheke. Ein Sprecher sagte auf Anfrage von APOTHEKE ADHOC, dass Prüfungstermine „laufend“ angeboten würden. Wenn alle Voraussetzungen vorliegen, könne man sich per E-Mail für die C1-Fachsprachenprüfung anmelden. Auch die zwölfwöchigen Vorbereitungskurse würden in regelmäßigen Abständen etwa vierteljährlich angeboten. Der nächste Kurs startet am 6. Juni, wobei ein B2-Zertifikat eine Zugangsvoraussetzung ist.
Auf der Suche nach anderen Optionen hat Sommer herausgefunden, dass eine Sprachschule in Köln ebenfalls Pharmazie C1-Kurse anbietet und die Landesapothekerkammer Baden-Württemberg die Fachsprachenprüfung abnimmt. „Wir wissen allerdings nicht, ob damit die Voraussetzungen für die Erteilung einer deutschen Approbation in Hessen erfüllt sind”, sagt er ratlos. Trotz mehrfacher Nachfragen habe er keine Antwort darauf erhalten.
Deshalb hat Sommer beschlossen dem hessischen Sozialminister Stefan Grüttner zu scheiben. Darin bittet er den Politiker, eindeutige Prüfungsvorschriften für Pharmazie C1 zu definieren und dafür Sorge zu tragen, dass die entsprechende Fachprüfung auch zeitnah abgelegt werden kann. „Wir investieren viel Zeit und Geld, um dem Fachpersonalmangel entgegenzuwirken und scheitern an unerfüllbaren Verwaltungsvorgaben.” Nach dem jetzigen Stand der Dinge müsste man das Arbeitsverhältnis im September kündigen und die neue Mitarbeiterin wieder nach Italien zurückschicken. „Dies kann doch nicht ernsthaft so gewollt sein”, heißt es weiter.
Man zweifle dabei nicht die Sinnhaftigkeit der Vorschrift, versichert der kaufmännische Leiter der Rats-Apotheke. Im Gegenteil: Es sei eminent wichtig, dass Apothekenmitarbeiter mit Ärzten und Kunden fachkundig kommunizieren können. „Es kann aber nicht sein, dass objektiv keine Möglichkeit besteht, diese Vorgaben zu erfüllen, weil der Exklusivpartner nicht liefert beziehungsweise keine Prüfungsvorschriften für Pharmazie C1 existieren”, schreibt Sommer. „Leidtragende sind wir als Arbeitgeber, weil wir die neue Mitarbeiterin bezahlen müssen ohne sie in Ihrem Beruf beschäftigen zu können, und unsere Kollegin hat keine Chance in absehbarer Zeit eine deutsche Approbation zu erhalten.”
Die Rats-Apotheke unternehme viel, um Fachkräfte für die Apotheke zu gewinnen. Seit die letzte staatliche PTA-Schule vor einigen Jahren geschlossen habe, gebe es praktisch keine PTA mehr auf dem Arbeitsmarkt, beklagt Sommer. „Deshalb haben wir uns im vergangenen Jahr entschlossen, ein PTA-Stipendium auszuschreiben”, berichtet er. „Damit eröffnen wir einer jungen Frau die Möglichkeit, eine qualifizierte Ausbildung an einer privaten PTA-Schule in Frankfurt zu machen.” Die Kosten belaufen sich seinen Angaben nach auf rund 10.000 Euro zuzüglich eines Jobtickets. Darüberhinaus unterstützt die Apotheke eine PTA während ihres Pharmaziestudiums mit einem Pharmaziestipendium.