Bereits Anfang 2023 fielen im Bundesgesundheitsministerium (BMG) Ungereimtheiten bezüglich der vom Ministerium gestellten Paxlovid-Bestände auf. So soll es durchaus von einzelnen Apotheken Bestellungen gegeben haben, die weit über die üblichen Packungsmengen hinausgingen. Laut Recherchen des WDR, NDR und der Süddeutschen Zeitung (SZ) gab es nun auch bundesweite Durchsuchungen in mehreren Apotheken in dem Fall.
In Berlin sind sechs Verfahren anhängig, gegen die Inhaber:innen liefen Ermittlungen, nachdem die entsprechenden Apotheken durchsucht wurden. Man gehe von einem ungefähren Schaden von drei Millionen Euro allein in der Hauptstadt aus, so ein Sprecher der Berliner Staatsanwaltschaft. Die beschlagnahmten Unterlagen werden derzeit ausgewertet. Bundesweit wurden bei mehr als 25 Staatsanwaltschaften Strafanzeigen gegen Apotheker:innen gestellt.
Die sechs Berliner Apotheken seien wegen der Bestellung ungewöhnlich vieler Packungen aufgefallen. In Berlin werde von vermeintlich unterschlagenen Paxlovid-Packungen in einem mittleren vierstelligen Bereich ausgegangen. Durchsuchungen auf Antrag des Bundesgesundheitsministeriums habe es bereits im vergangenen Jahr gegeben, auch mit dem Ziel, Geschäftsunterlagen auszuwerten. „Möglicherweise ist ein großer Teil der Medikamente ins Ausland abverkauft worden“, sagte der Sprecher der Ermittlungsbehörde. Der Preis pro Packung liege im mittleren dreistelligen Bereich.
Der Bayerischen Zentralstelle zur Bekämpfung von Betrug und Korruption im Gesundheitswesen (ZKG) in Nürnberg zufolge geht es derzeit um fünf Verfahren bezüglich acht Apotheken in Bayern, so Oberstaatsanwalt Matthias Held.
Am 19. Dezember wurden mehrere Apotheken in Oberbayern, Mittelfranken, Oberfranken und der Oberpfalz wegen des Verdachts der Unterschlagung von Paxlovid durch ZKG sowie polizeiliche Einsatzkräfte aus München, Nürnberg, Bayreuth und Regensburg durchsucht. Beschuldigt werden unter anderem Apothekerinnen und Apotheker, heißt es weiter. Dem aktuellen Verdacht nach sollen die Beschuldigten Paxlovid unter Missachtung der Vorgaben des BMG verkauft und dadurch unterschlagen haben. Auch Verstöße gegen das Arzneimittelgesetz (AMG) stehen im Raum. Laut ZKG wurden zahlreiche, teils digitale Dokumente sichergestellt. Diese würden derzeit gesichtet und ausgewertet, teilt die Behörde mit.
Bei den Durchsuchungen vor Weihnachten waren neben vier Staatsanwältinnen, einem Staatsanwalt, drei Abrechnungsfachkräften und dem IT-Forensiker der ZKG rund 60 polizeiliche Einsatzkräfte, auch aus dem Bereich der IT-Sicherung, im Einsatz. In den bayrischen Fällen geht es um auffällige Bestellungen von Paxlovid in Höhe einer mittleren dreistelligen Anzahl bis hin zu knapp 2500 Packungen.
Über die Zahl der vermeintlich unterschlagenen Packungen und den damit einhergehenden Schaden könne derzeit nur spekuliert werden. Man sei erst am Anfang der Ermittlungen. In einzelnen Ermittlungsverfahren könne es aber durchaus um Schäden in Millionenhöhe gehen, so der Oberstaatsanwalt.
Auch Paula Piechotta von den Grünen griff die Meldung der „Tagesschau“ zum Bericht auf. „Bürokratie im Gesundheitswesen nervt. Aber wenn man mal unbürokratisch ist wie die Bundesregierung mit Paxlovid, dann wird das sofort missbraucht um unberechtigt Geld zu machen – in diesem Fall laut Verdacht von Apotheken in ganz Deutschland“, schrieb sie via X.
Bei der Staatsanwaltschaft Frankfurt am Main sind nach Anfrage mehrere Ermittlungsverfahren in mittlerer einstelliger Anzahl anhängig. Hier dauern die Ermittlungen wegen des Verdachts von Vermögensstraftaten und des Verstoßes gegen das Arzneimittelgesetz an, so ein Sprecher. Wie auch bei den anderen Behörden können aus ermittlungstaktischen Gründen bisher keine genaueren Angaben gemacht werden. In der Frankfurter Innenstadt soll eine Apotheke laut des Berichts des Rechercheverbundes fast 10.000 Packungen Paxlovid bestellt haben.
Die Staatsanwaltschaft Hamburg ermittelt nach Aussage der Oberstaatsanwältin Mia Sperling-Karstens gegen zwei Apotheker. Hier geht es in den Ermittlungen insbesondere um den Verdacht des Verstoßes gegen das Arzneimittelgesetz. Aber auch das Vorliegen von Vermögensdelikten, wie Betrug oder Untreue werden geprüft, heißt es. Grundlage des Verfahrens sei eine entsprechende Strafanzeige des BMG, so die Staatsanwaltschaft Hamburg weiter. Mitte Dezember seien in dem Verfahren Durchsuchungsbeschlüsse vollstreckt worden, deren Auswertung noch andauere.
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