SPD mit DocMorris auf Spargelfahrt APOTHEKE ADHOC, 22.11.2016 16:39 Uhr
Das ZDF-Politikmagazin Frontal 21 beschäftigt sich heute Abend mit den Grenzen des legalen Parteisponsorings: Unternehmen und Lobbygruppen könnten gegen Zahlung von 3000 bis 7000 Euro Treffen mit SPD-Ministern, Staatssekretären und Parteifunktionären buchen, heißt es in der Ankündigung. Dazu lägen Frontal 21 Angebote und ein Kostenvoranschlag zu sogenannten Vorwärts-Gesprächen vor. In einer Szene taucht auch DocMorris neben anderen Firmen als Sponsor der traditionellen SPD-Spargelfahrt auf.
Organisiert werden die Termine mit SPD-Spitzenpolitikern danach über die SPD-Agentur Network Media (NWMD). Nach Frontal-Recherchen nahmen Justizminister Heiko Maas, Arbeitsministerin Andrea Nahles, Umweltministerin Barbara Hendricks, Familienministerin Manuela Schwesig, der Fraktionschef Thomas Oppermann, Generalsekretärin Katarina Barley, BMWi-Staatssekretär Matthias Machnig und der Bundestagsabgeordnete Hubertus Heil an Vorwärts-Gesprächen teil.
Im ZDF-Mittagsmagazin wurde ebenfalls auf den heutigen Beitrag hingewiesen. Als Beispiel zeigte das ZDF eine Szene von der traditionellen „Spargelfahrt“ des sogenannten „Seeheimer Kreises“ auf dem Berliner Wannsee. Teilgenommen haben daran ebenfalls traditionell fast alle SPD-Minister und Parteichef Sigmar Gabriel.
Eine Szene zeigt dann die Sponsorenwand der Schiffspartie. Dort zu sehen ist oben rechts auch das Firmenlogo von DocMorris. Daneben prangen andere Firmenlogos wie BWM, EnBW, RWE, RAG, der Kölner Flughafen, Abbott, die Deutsche Post, Fernbus und Union Invest. „Das darf so nicht sein“, sagt Christina Deckwirt von LobbyControl dazu. Im Schattenreich der Parteienfinanzierung tappe man da im Dunkeln, weil man nicht wisse, wie viel die Firmen zahlten.
Für DocMorris und viele andere Firmen gehört solches Sponsoring zum noch transparenten politischen Geschäft. Auf Parteitagen mieten Firmen und Verbände meist zu hohen Kosten Stände in den Vorhallen des Kongresses. DocMorris ist dort regelmäßig mit einem eigenen Stand vertreten. Vertreten war dort lange Jahre auch die ABDA, bis sie sich 2013 entschied, darauf zu verzichten. Allerdings sind einige Landesverbände der Apotheker weiter bei Parteitagen aktiv, zuletzt in Baden-Württemberg und auch bei der CSU in Bayern.
Bislang hat niemand Anstoß genommen an solchem Parteisponsoring. Das eigentliche Thema von Frontal 21 sind denn auch von Firmen gesponserte Politiker-Gespräche: Der Strafrechtler Professor Dr. Frank Saliger von der Universität München, fordert in der Sendung eine umgehende Prüfung der gesponserten Vorwärts-Gespräche. Im Frontal-Interview sagt er: „Es liegt der Anfangsverdacht vor, dass hier gegen das Parteienrecht verstoßen worden ist.“ Für Professor Dr. Sophie Schönberger, Expertin für Staats- und Verwaltungsrecht der Universität Konstanz, ist diese Art des Sponsorings „eine sehr intelligente, aber im Endeffekt trotzdem rechtswidrige Umgehung der Parteienfinanzierung“. Es könne nicht sein, dass „durch die Zwischenschaltung einer GmbH legal wird, was sonst illegal wäre“.
Gabriel erklärte gegenüber Frontal 21, er wisse nichts von solchen gesponserten Gesprächen. Er habe daran nie teilgenommen. Der Vorgang erinnert an die „Rent-a-Rüttgers-Affäre“. 2010 war öffentlich geworden, dass die CDU in Nordrhein-Westfalen Unternehmen gegen Geld exklusive Gespräche mit dem damaligen Ministerpräsidenten anbot.
NWMD bestätigte auf ZDF-Anfrage, dass gesponserte Gespräche mit SPD-Spitzenpolitikern stattgefunden haben. Die genaue Anzahl will die Agentur jedoch nicht nennen. Nach Recherchen von Frontal 21 nahm Justizminister Heiko Maas an zwei Vorwärts-Gesprächen teil, zuletzt am 12. Oktober. Sponsor dieses Treffens zum Thema „Datenschutz in der digitalen Welt“ war die niederländische Bank ING-DiBa. Er habe von einem Sponsoring nichts gewusst, sagte Maas gegenüber Frontal 21: „Die Frage, wie solch eine Veranstaltung zustande kommt, wer teilnimmt, wer sie organisiert und wer sie finanziert, ist jetzt nicht das Thema für mich.“ Zweck des Treffens sei ein Kennenlernen gewesen, teilte die ING-DiBa auf Nachfrage mit. Eine Gegenleistung des Ministers erwarte die Bank nicht.
Die SPD-Agentur bietet nach Frontal-Recherchen auch einen sogenannten parlamentarischen Abend gegen Geld an. Bei diesen Treffen sollen Mitglieder des Bundestages, deren Büroleiter sowie Abteilungs- und Referatsleiter aus verschiedenen Ministerien zugegen sein. Konkret liegt dem ZDF ein Angebot über 35.000 Euro vor.
Gegenüber Frontal 21 legte die SPD Teile ihrer Sponsoreneinnahmen offen. So kassierte die Partei allein auf ihrem letzten Parteitag im Dezember 2015 knapp 550.000 Euro von Sponsoren. Wer wie viel zahlte, wollte die SPD „aus vertragsrechtlichen Gründen“ nicht mitteilen.