Die Debatte um die Importquote hat zuletzt deutlich an Fahrt aufgenommen: Nachdem BfArM-Chef Professor Dr. Karl Broich sich öffentlich für deren Abschaffung ausgesprochen hatte, wurde er von den Importeuren gleich mehrfach kritisiert. In der Regierungskoalition setzt sich Michael Hennrich (CDU) für eine Abschaffung der Importquote ein. Der Gesundheitsexperte der Union hat einen konkreten Vorschlag als Alternative.
Laut Sozialgesetzbuch müssen die Apotheken Importe bevorzugen, wenn diese mindestens 15 Prozent oder 15 Euro günstiger sind als der Listenpreis des Originalprodukts. Im Rahmenvertrag ist eine Importquote von 5 Prozent pro Krankenkasse vereinbart.
Hennrich hat sich selbst mit Broich ausgetauscht und ist ebenfalls entschieden: „Ich halte die Importquote für nicht mehr zweckdienlich“, sagte der CDU-Politiker gegenüber APOTHEKE ADHOC. Vor allem die Vorgabe zum Preisabstand findet er sinnlos: „Bei extrem hochpreisigen Originalarzneimitteln gilt ein Import als wirtschaftlich, wenn er 15 Euro günstiger ist. Das ist absurd.“
Selbst von einigen Krankenkassen bekomme er teilweise die Bestätigung, dass man auf die Importquote verzichten könne, so Hennrich. So hatte sich etwa Dr. Christopher Hermann, Chef der AOK Baden-Württemberg, entsprechend positioniert. Insgesamt gebe es eine gewisse Nachdenklichkeit bei den Kostenträgern, so Hennrich, das Meinungsbild sei gemischt.
Hennrich kann sich vorstellen, die 15/15-Regelung aufzuheben und die Abgabe von Importen in das Ermessen des Apothekers zu stellen. Denn verbieten könne man Importarzneimittel mit Blick auf das Europarecht nicht. Apothekern sollte es aus seiner Sicht aber freigestellt sein, Importe abzugeben. Die 15-Euro-Regel würde er streichen.
Hennrich ist in der Unionsfraktion Berichterstatter für die Arzneimittelpolitik. Bei der Importquote vertrete er aber derzeit nur seine persönliche Meinung, stellte der CDU-Politiker klar. Weder in der Arbeitsgruppe Gesundheit noch sonst in der Fraktion seien Importe bislang intensiv besprochen worden. „Ich habe allerdings auch den Eindruck, dass nicht viele die Fahne hochalten für die Importquote“, so Hennrich. In den anstehenden Beratungen zu Arzneimittelthemen werde man sehen, ob die Kollegen im Bundestag seine Einschätzung teilten. Auch mit dem Koalitionspartner SPD müsse man sich noch abstimmen.
Seit dem Skandal mit gefälschter Ware in Italien stehen Importarzneimittel jedenfalls öffentlich verstärkt in der Kritik. Broich, Chef des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM), bezeichnete den Parallelhandel zuletzt als „Einfallstor für Fälschungen“. Bei der Kammerversammlung der Apotheker in Nordrhein sagte er Mitte Juni zudem: „Es gibt keinen Grund mehr für die Importquote. Die kommt hoffentlich bald weg.“
Die Importeure haben dem vehement widersprochen. Sie sehen sich als zusätzlichen Schutzwall, da die Fälschungen aus Italien bei ihnen aus dem Verkehr gezogen wurden. In einem offenen Brief hat der Verband der Arzneimittelimporteure Deutschlands (VAD) Broich zudem vorgeworfen, sich „vor den Karren der Pharmaindustrie“ spannen zu lassen und „mit populistischen Falschaussagen gegen den Parallelimport Stimmung“ zu machen.
Die Importeure verweisen immer wieder auch auf das große Einsparpotenzial, das die Kassen mit dem Parallelhandel heben. Zu den direkten Einsparungen von 220 Millionen Euro im vergangenen Jahr kämen indirekte Einsparungen jenseits der Milliardengrenze, die sich aus dem Preisdruck auf die Originalhersteller ergäben.
Hennrich hält dieses Argument nicht für stichhaltig. Den Preisdruck sehe er nicht mehr, seit die Originalhersteller im AMNOG-Verfahren in Preisverhandlungen gezwungen würden. Der Einspareffekt von Importen sei insgesamt „marginal“, die Risiken stünden daher in einem schlechten Verhältnis zum Nutzen, ist Hennrich überzeugt.
Die Diskussion wird auch im Bundesgesundheitsministerium (BMG) aufmerksam verfolgt. „In letzter Zeit ist, betrachtet man die legale Lieferkette, der überwiegende Teil der Arzneimittel, bei denen der Verdacht auf Fälschung besteht, allerdings im Parallelhandel aufgefallen.“ Das Ministerium setze sich deshalb auf europäischer Ebene für eine Verbesserung des Rechtsrahmens für den Parallelhandel ein, so eine Sprecherin des Ministeriums. Entscheidungen seien noch nicht gefallen. Schon im Herbst hatte sich das BMG mit einer entsprechenden Frage an die EU-Kommission gewandt.
Die ABDA fordert eine Abschaffung der Importquote. Zum Auftakt des letztjährigen Deutschen Apothekertags (DAT) zählte dies zu den Kernforderungen der Standesvertretung. Im Stellungnahmeverfahren zum GKV-Versorgungsstärkungsgesetz (GKV-VSG) hatte sich die ABDA allerdings auf ihre Forderungen bezüglich Kassenabschlag, eine regelmäßige Honoraranpassung und die Begrenzung von Null-Retaxationen konzentriert.
Die Nutzer von APOTHEKE ADHOC sehen die Importquote überwiegend kritisch. Bei einer Umfrage sprachen sich drei Viertel der Teilnehmer für eine Abschaffung aus: 75 Prozent unterschrieben Broichs Aussage, der Parallelhandel sei ein Einfallstor für Fälschungen. Dagegen gaben 12 Prozent an, die Importquote sei wichtig für Apotheken, da Importe wirtschaftlich attraktiv seien.
7 Prozent finden die Quote zwar lästig, sehen darin aber ein wichtiges Sparinstrument. Nur 2 Prozent sprachen sich klar für die Beibehaltung der Quote aus, da Importe etabliert und sicher seien. An der Umfrage nahmen am 22. und 23. Juni 2015 insgesamt 137 Leserinnen und Leser von APOTHEKE ADHOC teil.
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